31. August 2024, Da sag ich erst einmal nur: Respekt
Zwischen 10 und 11 Stunden fliegen und nur eine Stunde später auf einem anderen Kontinent ankommen - klingt das nicht verlockend?
Doch, schon. Aber Achtung, bedenkt immer das Drumherum!
Da wir mittlerweile die Bahn meiden wie die Pest, uns aber für die Anreise zum Flughafen nicht anderes übrig bleibt, als die unliebsame, unzuverlässige und behäbige Dame doch noch einmal zu wählen, beschließen wir, sicherheitshalber eine Nacht vorher in Frankfurt selbst zu verbringen. Das war klug, denn die Umsteigerei in Bahn, Bus, Bahn aufgrund von Gleisarbeiten, mit schwerem Gepäck in der Hand und der Panik im Nacken, pünktlich sein zu müssen, konnte so ausgetrickst werden.
Schön, so entspannt also in den Flieger steigen zu können und in den Nachmittag zu starten. Der Nachmittag nimmt und nimmt allerdings kein Ende. 11 Stunden Flug vergehen so - wie im Flug. Der Blick nach unten verspricht schon viel und wir freuen uns wie Bolle auf das, was uns erwartet.
In Vancouver geht es schnell. Mein Tipp: Wer vorher von zuhause aus seinen Schnell-Check-In gemacht hat, ist in 5 Minuten aus dem Flughafen Gebäude wieder raus!
Draußen erwartet uns bei angenehmen 26° C ein herrlicher Tag und eine Taxifahrt zur Horseshoe Bay, wo wir die Fähre nach Vancouver Island nehmen. Wie unfassbar reibungslos alles verläuft. Ich kann es nicht fassen, denn die Vorplanungen waren aufregend und ich wollte ja auch unbedingt, dass gerade zu Beginn alles glatt läuft und funktioniert.
Ein letzter Blick auf die Silhouette von Vancouver und den Mount Rainier, der im milchigen Licht des Horizonts silbrig bestrahlt alles überragt und wir steigen nach fast 2 Stunden erneut in ein Taxi, welches uns zu unserem ersten Bett in Kanada transportiert. Der Weg zu unserem Haus in einem Naturparadies nördlich des Hafens von Nanaimo ist sanft beleuchtet und die Tür nur angelehnt. Wie vertrauensvoll vom Vermieter! Wir sehen jedoch vor allem das Bett und wollen jetzt nur noch eines: schlafen.
1. September 2024, Vancouver Island
Seit 2 Uhr bin ich auf den Beinen, was bei euch in Deutschland 11 Uhr am Vormittag bedeutet.
Entsprechend fit fühle ich mich und sitze seitdem am Computer, um zu recherchieren.
Ist ja ansonsten noch nichts machbar, draußen ist es stockdunkel.
Vor dem Panoramafenster habe ich eine Kolibri-Tränke entdeckt. Was wäre es für ein Glück, wenn ich diese Vögelchen hier beobachten könnte; wenn, dann wahrscheinlich die hier heimische Rotrücken-Zimtelfe. Schauen wir mal.
Gegen 10 werden meine Augenlider schwer, aber wir kutschieren ja auch gemütlich schaukelnd mit dem Taxi zum Flughafen Nanaimo, wo wir unseren Mietwagen abholen. Jetzt gibt es auch kein Halten mehr: unser erstes Frühstück in einem klassisch kanadischen "Country Kitchen" Stopp bedeuten Kaffee, Wraps, Bratkartoffeln und einem wohlklingenden Ei "sunny side up" (klassisches Spiegelei).
Gestärkt folgen wir den unzähligen Tipps von Herold, unserem Vermieter, der uns in seine direkte Umgebung verweist (Nanoose Bay), da diese von ausgewiesener Schönheit und vor allem "unentdeckt" sei. Tatsächlich begegnen wir keinen Touristen, sondern nur einer Handvoll Kanadiern, die im Schwätzchen vor ihrer Haustür stehen und sehen, dass wir einen Parkplatz suchen, uns sofort gestikulierend eine Lücke zuweisen, uns dann fröhlich per Handschlag begrüßen und sofort in ein Gespräch verwickeln.
Man stelle sich die Situation in Deutschland vor: ein Auto ist sichtlich fremd und Parkplatz suchend unterwegs. Eine Gruppe Deutscher beobachtet die Situation. Was passiert jetzt? Ich frage mit ehrlicher Neugier...
Die Kanadier zeigen uns nun einen Fußweg zu einem unglaublich schönen Strand, den wir, tatsächlich ohne weitere Touristen, untersuchen. Wie so oft auf unseren Wegen finden wir angeschwemmte Baumstämme, aber auch fantastisches Wurzelwerk oder auch pazifisches Meeresgetier in den Pfützen, die von der letzten Flut zurückgeblieben sind.
Wir spüren mit jedem Atemzug mehr, dass wir ankommen, uns pudelwohl fühlen - so wie wir es in Kanada immer verspüren. Parallel aber sind wir auch von der Zeitumstellung noch extrem müde und wählen im nächsten Schritt unsere Unterkunft als Ziel, die ja per se in einem fantastischen Naturreservat liegt.
Dösend in unseren Adirondack Stühlen sitzend sehe ich aus den Augenwinkeln plötzlich etwas in der Luft schweben. Kaum wage ich den Kopf zu drehen, weiß es aber sofort: das ist ein Kolibri, mein erster Kolibri überhaupt! Und blitzschnell bewegt er sich dann auf die Tränke zu, die nur 2 Meter entfernt von uns hängt.
Ab jetzt halte ich natürlich permanent den Atem an - wann endlich kommt der nächste? Kann ich die zarten 3 Gramm schweren Vögelchen überhaupt fotografieren, so schnell wie sie auftauchen und auch wieder verschwinden? Ja, ich kann.
Bei der Recherche stelle ich fest, dass ich hier unerwarteterweise keine Rot-, sondern Grünrücken-Zimtelfen erwischt habe. Ist das nicht großartig?! Diese Grünrücken sind in Vancouver Island eher selten anzutreffen. Was für eine Entdeckung für mich.
Jetzt sitze ich tatsächlich in unserem Studio, schreibe und habe nur einen Meter von mir entfernt die Tränke vor dem Panoramafenster hängen. Immer wieder wagt sich ein Kolibri heran und schleckt das süße Nass aus den roten Plastikblüten. Ich habe beobachtet, dass sie gerne vorher miteinander in zarten Tönen kommunizieren und sich dann erst getrauen, näher zu kommen. Es ist wunderbar, dies so hautnah zu erleben.
Der Tag bleibt heute kurz, denn morgen müssen wir um 6 Uhr in der Früh schon wieder raus - die Grizzlys warten auf uns!
2. September 2024, Homalco First Nation, Bute Inlet, Grizzlys
Verrückt, wie lange es dauert, bis sich ein Körper an die Zeitumstellung gewöhnt hat - perfekt, wenn man schon ganz früh raus muss, um pünktlich am Morgen am Ziel anzukommen.
So fahren wir heute nach einem spartanischen Frühstück in den Sonnenaufgang Richtung Campbell River, wo uns eine kleine bunte Gruppe von 20 Mitreisenden erwartet, die wie wir voller Spannung ein Vessel betreten. Im Hafenbecken tauchen hie und da die glänzenden Köpfe der neugierigen Hafenrobben zwischen den Booten auf, aber unsere Guides steuern zielstrebig das offene Meer an; 160 km des heutigen Tages wollen bewältigt werden und so rauschen wir gleich mit Speed Richtung Pazifik.
Schon nach wenigen Minuten ein erster Stopp auf der offenen Salish See. Um uns herum sehen wir am Horizont Bergsilhouetten der umliegenden Inselwelten den Himmel abgrenzen und sonst nur sich leicht kräuselndes Wasser. Aber nein, da vorne, ja, da: es steigen staubige Wasserfontänen auf, eine, noch eine, und dann: ein massiger Körper, riesige Schwanzflossen... Fast in Zeitlupe schwingt sich vor uns ein Buckelwal auf und taucht gleich wieder ab. Er ist relativ weit entfernt und doch gut sichtbar. Noch ein paar Mal dieses Schauspiel und dann ist er weg. Zurück bleiben strahlende Gesichter. Unsere Guides Jeff und Robin, zwei sympathische und engagierte Campbellianer betonen, dass sie nie näher als 120 Meter an die Tiere heranfahren würden, um ihnen den natürlichen Raum und ihren Frieden zu lassen. Wir sind hier in einem Gebiet, in dem sich tatsächlich große Populationen von Walen, Haien, Delfinen und Robben tummeln.
Drei Stunden lang lehnen wir uns nun zurück, das Gesicht der Sonne entgegengestreckt, lassen uns die Haare vom Wind verwuseln, albern mit den Mitreisenden aus USA, England, Kanada oder Deutschland herum oder blicken versonnen auf die komplett mit Wäldern überzogenen Hügel und zerklüfteten Berge der Inseln links, rechts, vor und hinter uns. Es ist so gut wie kein Betrieb auf dem Meer; wir sind quasi alleine mit der Natur und ihrer von hier aus unbeschreiblichen Schönheit, was eine ausgesprochen beruhigende Wirkung auf mich hat.
Nach 3 Stunden nähern wir uns einem am Ufer liegenden Schiff. Baumstämme schwimmen herum, Holztische stehen am Steg, sonst nichts. Wir sind am Ziel angekommen, im "Homalco First Nation Conservation Area Grizzly Bear Habitat".
Ab hier unterwerfen wir uns strengen Regeln, denn das Gebiet untersteht dem Volk der Homalco (in ihrer eigenen Sprache: Xwémalhkwu, was so viel heißt wie "Menschen der turbulenten Gewässer"), die ihr Land schützen und bewahren wollen.
"Sie ehren die Verbindung zu ihren Ländern, Ressourcen und den Elementen der natürlichen Welt, die für ihre körperlichen und geistigen Bedürfnisse sorgen, jetzt und für die kommenden Generationen." Darunter fällt insbesondere der Schutz von Grizzlys, Elchen und der Schutz der Coho- und Chum-Lachse.
Man darf das Gebiet nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung betreten, egal ob zu Lande oder vom Wasser aus und muss viele Regeln einhalten.
Die Vorfreude steigt, aber zuerst laben wir uns an den Gaben von Jeff und Robin, die uns - ebenfalls verbunden mit strengen Regeln - einen Snack auf den Holztischen kredenzen. Es darf kein Stückchen Papier fallen gelassen werden, nichts zurückbleiben. Also springen sie von Tisch zu Tisch, gießen Kaffee in die Becher und sorgen so selbst für einen peinlichst sauberen Abgang. Wir alle empfinden die Ernsthaftigkeit und Ehrerbietung, die diesem Habitat entgegengebracht wird, als sehr inspirierend und achten ab jetzt wirklich auf jeden Fußtritt.
Plötzlich erhebt sich ein Donnern und Grollen im Hintergrund und wir beobachten überrascht, wie ein großer Lkw angerollt kam und in diesem Moment eine komplette Ladung Zedernstämme den Hang zum Wasser hinab kippte. Mit einem lauten Knall ist das geschehen und ein winziges höchst bewegliches Motorboot reguliert das Einfangen der Stämme wie ein Cowboy seine Herde. Offensichtlich blüht hier ein kleiner Holzhandel, obwohl nichts weiter sichtbar ist, als das erwähnte Schiff, das offenbar auch eine Werkstatt und Wohngelegenheiten beherbergt.
Nun aber steigt die Spannung. Ein hier lebender Homalco begrüßt uns und verteilt uns auf 2 bereitgestellte Vans. Nach einer eindringlichen Einweisung in die Gepflogenheiten bei der nun folgenden Tour holpern wir durch einen verwunschenen flechtenüberwucherten Wald mit riesigen uralten Mammutbäumen, Douglasien, Sitka-Fichten und natürlich der Rotzeder. Die erste Aussichtsplattform duftet auch tatsächlich intensiv nach Zeder und liegt nur wenige Meter entfernt an der Konfluenz eines türkisfarbenen Gletscherflusses und dem klaren Orford River. Schon nach wenigen Minuten kommt der erste Aufschrei im Bus: ein Bär! Unsere Guides Bob und Robin legen eindringlich den Finger auf die Lippen. Ab jetzt heißt es schweigen. Robin verlässt den Bus und überprüft sorgfältig die Umgebung, bevor er uns nach draußen holt. Wie Indianer schleichen wir uns nach oben. Mein Herz aber hüpft. Ein Grizzly! Das ca. 4-jährige Weibchen scheint sich aber nicht für uns zu interessieren und trottet zwischen den beiden Flüssen über glatte Kiesel gemächlich zu uns herüber. Wir sehen von oben, wie voll der Orford River links von uns mit großen, schweren Lachsen gefüllt ist, aber der Bär starrt nur auf die Wasseroberfläche, trottet dann in den Fluss, guckt, schnuppert, hüpft kurz herum, läuft wieder ein paar Schritte und tapst dann den Gletscherfluss weiter abwärts davon.
Alle auf dem Turm schauen gebannt zu oder filmen und knipsen - und sind glücklich. So nah an einem in der Wildnis lebenden Grizzly-Bären sein zu dürfen ist ein außergewöhnliches Gefühl.
Dann im Schritttempo die Weiterfahrt. Jemand entdeckt erneut einen Bären am Fluß und schon stoppt unser Guide. Keine 10 Meter direkt vor uns spaziert ein doppelt so großes Tier wie gerade eben schnurstracks auf uns zu. Jetzt hüpft mein Herz nicht mehr, jetzt pocht es, vor größtem Respekt.
Wie, Robin steigt aus? Prüft und winkt uns dann, ebenfalls auszusteigen?! Klar, die beiden Guides sind mit Bärenspray "bewaffnet", aber sollen wir wirklich so hautnah an diesen höchste Achtung einflößenden Grizzly herankommen? Alle schleichen sich aus dem Van und bleiben dicht beieinander. Der Bär ist aufmerksam geworden und betrachtet uns - springt dann unvermittelt vom Ufer ins Wasser und erschreckt uns dabei sichtlich. In diesem Moment rauschen wirklich viele Gedanken durch den Kopf. Was mache ich, wenn es jetzt ernst wird, wie weit ist die Bustür entfernt etc. etc. Aber hier ahnen wir, dass wir keine Chance hätten, wenn der Grizzly es ernst meinen würde. Das scheinbar behäbige mächtige Tier ist so blitzschnell gewesen, dass es uns mit 2 weiteren Sprüngen erwischt hätte. Ein besonderer Moment - aber unser Freund hat heute kein Interesse an Menschenfleisch. Lieber spaziert er weiter flußaufwärts, zwischen all den Lachsen hindurch und entfernt sich aus unserem Sichtbereich.
Mittlerweile sind gute 3,5 Stunden vergangen, 4 eindrucksvolle Bären haben unseren Weg gekreuzt und durch wundervolle Landschaft schaukeln wir zum Schiff zurück. Alle sind tief berührt von den Erlebnissen und entspannt bugsiert uns Jeff der Sonne entgegen, an vielen Inseln vorbei (eine der größten gehört Bill Gates) zurück zum Heimathafen.
Ich sitze hinter Jeff und sehe, wie er plötzlich unruhig wird und auf seinem Radar ein roter Kreis sichtbar wird. Er funkt immer wieder mit dem Festland und plötzlich macht er kurz vor Campbell River eine Ansage: "Wir haben eine Überraschung für euch. Vor 1,5 Stunden wurde durchgegeben, dass Orcas auf dem Weg nach Nanaimo seien. Wir haben die Fahrt so für euch angepasst, dass wir sie nun sehen werden!" Und tatsächlich: nicht einmal 50 m vom Ufer entfernt schießen in regelmäßigen Abständen Fontänen aus dem Wasser und danach erheben sich schwarz-weiße Körper von der Oberfläche. Die 3 gehören zu einer Population von 400 Tieren, die hier leben und sie schwimmen, als wäre die Welt völlig in Ordnung, direkt an der Küste entlang gen Süden. Mittlerweile geht die Sonne so langsam unter, das Wasser glitzert aufgrund ihrer schräg stehenden Strahlen und dazwischen gleiten die drei Könige der Meere.
Es stehen auch Zuschauern am Ufer, die sich zu diesem Schauspiel extra eingefunden haben. Wir erfahren, dass es Apps gibt, die die Leute über solche Ereignisse kurzfristig informiert, so dass jeder zu einem solchen Moment schnell dazukommen kann.
Ach, was war das für ein Tag!! Unsere Guides haben trotz der veranschlagten 10 Stunden weitere Zeit dafür hinzugeschenkt, da sie selber ihre Arbeit sichtlich lieben und uns jedes Geschenk machen wollten, welches die Momente dafür hergaben. Sie arbeiten u.a. auch zusammen mit der Deutsch-Kanadischen Stiftung "Wilderness International", die für unbedingte Nachhaltigkeit steht und mit der man sich einmal auseinandersetzen sollte. Außerdem mit Institutionen, die sich für die Sauberkeit der Meere einsetzen etc. Meine Hochachtung!
Der Tag endet in einer um die Ecke gelegenen Rusted Rake Brewery, wo wir auf einer rustikalen Terrasse sitzen und den Dutzenden von Wildgänsen zuschauen, die dort auf dem abgeernteten Feld hinterm Haus nach Futter picken und sich zur Nachtruhe zusammendrängen. Was für ein ebenso rustikaler Anblick!
Jetzt habe ich echt eine Menge geschrieben - dieser Tag wird definitiv unvergesslich bleiben, aber eines habe ich doch vergessen zu erwähnen: Auf der Rückreise mit dem Vessel wurde mir urplötzlich bewusst, dass ich meine Kamera bei dem Homalcos vergessen hatte! Schock! Wieder mein Herz: diesmal in die Hose gerutscht. Meine Kamera und ich - unzertrennlich. Aber es ist wahr, sie lag noch im Van. Robin hat Himmel und Hölle in Alarmbereitschaft versetzt und erreicht, dass sie ab Dienstag in Campbell River wieder abholbereit sein wird. Alle Fotos von dort werden also heute noch nachgereicht. Vorab ein paar Handyfotos.
3. September, Dolphin Bay, Campbell River, Elk Falls
Heute ist uns mal nach Frühstück außerhalb unserer Idylle bei Herold zumute.
Im Nachbarort gibt es ein Cafe direkt an der Dolphin Bay am Meer und da wollen wir hin. Ja, wir müssen natürlich fahren, aber die Strecke ist so schön, dass das überhaupt keine Fragen aufwirft. Kaum im Dorf muss Manfred bremsen. Sowohl am linken als auch rechten Straßenrand stehen ein Reh und seine beiden Kitze. Nichts bringt sie aus der Ruhe und erst als sie die Straße überquert haben, fahren die Autos auf beiden Seiten langsam weiter. Die Fahrerin, die uns entgegenkommt, kurbelt die Scheibe herunter, lächelt uns an und ruft herüber, dass die kleine Familie hier jeden Morgen stehe und quasi zum Dorf gehöre. Das sagt sie einfach so. Dann fährt sie weiter. Auch alle anderen Fahrer lächeln wissend. Wir finden das alles toll, einfach so, unaufgeregt informiert man uns, als ob man uns die Unwissenheit auf der Stirn ablesen könnte.
Wenig später sitzen wir in der Marina und bestellen Kaffee und das, was man hier unter Frühstück versteht, also entweder gefüllte Wraps oder ein trockenes Stückchen Gebäck in süßer oder salziger Ausführung.
Wie immer werden wir herzlich nach unserem Aufenthalt befragt, von allen angelächelt und freundlich gegrüßt. Das ist es, was mir so gefehlt hat - sich einander in die Augen schauen, sich wahrnehmen, gerne auch mal ansprechen oder einfach nur zunicken. Das passiert hier auffällig häufig und überall.
Gestärkt packen wir "daheim" schnell eine Waschmaschine voll und fahren weiter Richtung gestern, also Campbell River. Noch immer sitze ich wie auf heißen Kohlen, denn angeblich soll ja heute meine Kamera dort eintreffen - 160 km entfernt von den First Nations Homalco, wo ich sie habe liegenlassen.
Da genug Zeit bleibt, besuchen wir kurz entschlossen die Elk Falls, die nicht weit entfernt als Sehenswürdigkeit angepriesen werden. Wir müssen durch einen zauberhaften Wald laufen, aber bereits am Eingang werden wir davor gewarnt, dass vor kurzem ein Bär hier aufgetaucht wäre und man ihn bei erneuter Sichtung melden solle. Na danke, jetzt schaue ich wohl wieder hinter jeden Busch bzw. unterhalte mich besonders laut mit meinem Mann.
Aber unbeschadet nähern wir uns dem tiefen Grollen, das uns zwischen den Mammutbäumen entgegentönt. Klar, ich weiß, dass das ein Wasserfall ist, aber auf die Brücke bin ich dann doch nicht vorbereitet. Eine metallene Hängebrücke führt über die tiefe Schlucht und ich WILL sie trotz meiner Höhenangst bewältigen. Schließlich machen das alle anderen hier ja auch, fast alle. Also klammere ich mich an den Metallgittern auf beiden Seiten fest und ziehe mich Schrittchen für Schrittchen nach vorne. Sogar ein Foto nach unten schaffe ich. Am Ende erreiche ich fast sicher das Ziel und fühle mich trotzdem nicht wie eine Siegerin. Erstens muss ich ja wieder zurück und zweitens weiß ich: das MUSS ich mir ja nicht regelmäßig antun, kann es ja auch sein lassen.
Noch eben erzählte ich von den offenen Begegnungen, die uns in Kanada schon immer besonders aufgefallen und ans Herz gewachsen waren, aber jetzt auf dem Rückweg von den Elk Falls erleben wir merkwürdigerweise genau das gegenteilige Phänomen. Die meisten Menschen grüßen nicht mehr, blicken starr an uns vorbei, als ob wir in diesem einsamen Wald nicht existent wären und vermeiden jeden Kontakt, obwohl wir ja nur wenige Zentimeter voneinander entfernt aneinander vorbei müssen. Wir sind irritiert, bis wir plötzlich blitzartig erkennen: das sind Deutsche! Das hier ist ein Touri-Highlight und da tummeln sich natürlich gerne auch Deutsche. Und tatsächlich, wir achten nun verstärkt auf die Gespräche und fühlen uns in unseren Vorverurteilungen bestätigt. Oje, so ist das mit den Vorurteilen.
Wir haben noch kurz Zeit, eine Lachsaufzuchtstation zu besuchen, wo wir erfahren, wie auch hier nachgeholfen wird, um die natürlichen Lachsbestände zu erhalten.
Aber nun weg von hier und endlich an den Hafen, wo ich einen Freund von Robin treffen soll, der meine Kamera übergeben wird. Was soll ich sagen: er ist da und - er hat sie dabei! Meine Dankbarkeit ist riesig und mit diesmal vollem Herzen verlassen wir Campbell River ein letztes Mal, fahren erneut 120 km die Küstenstraße entlang bis "nachhause" und lassen den Abend bei selbst gekochtem Abendessen ausklingen. Ist leider unser letzter Abend auf Vancouver Island.
4. September 2024, Nanaimo, Vancouver
Der Abschied von der Insel fällt mir schwer.
Ich mochte den Lifestyle von Vancouver Island; von der Umwelt, der Natur und den Menschen ganz zu schweigen. Aber Abschied nehmen gehört leider zum Reisen überproportional dazu - die vielen Neubeginne ja erfreulicherweise auch!
Harold gibt uns noch ein paar gute Worte mit auf den Weg und schon finden wir uns am Hafen von Nanaimo wieder, schieben lässig unsere Koffer auf die BC Fähre und rauschen entspannt der Silhouette Vancouvers entgegen. Leute, auch hier so viel Herzlichkeit, dass ich langsam glaube, an meinem Überschwang arbeiten zu müssen - wenn es nicht Realität wäre...
Diesmal nächtigen wir in einem Hotel in Downtown und nutzen den Nachmittag, um uns in einen Hopp on Hopp off Bus einzubuchen. Das ist immer die beste Möglichkeit, einen Überblick über eine Stadt zu bekommen und gleichzeitig jederzeit spontan dort aus dem Bus zu springen, wo es einen gerade hinzieht oder den Punkt zu wählen, den man vielleicht später besuchen möchte.
Ich bin auf den ersten Blick davon überrascht, wie wenig mich Vancouver toucht. Gut, Chinatown hat Elemente, die mich reizen würden, auch Granville Island, aber ansonsten wirkt die Stadt auf den ersten Blick erst mal nur typisch großstädtisch, ein bisschen europäisch, ein bisschen amerikanisch, auch indisch, chinesisch - oh, ich merke: ganz schön international.
Wir erlaufen nun viele Straßen und beginnen, immer mehr zu staunen. Was für Gebäude, die da in den Himmel ragen, all die Spiegelungen von "historischen" Gebäuden in den glatten Wänden, moderne Kunst, die uns am Hafen überrascht, Ecken voller Obdachloser, an denen zielstrebig junge Männer in uniformen Anzügen und Schlips (!) in Richtung Microsoft oder Amazon vorbei eilen, ein dörflicher Markt zwischen den allglatten Hochhäusern mit Schälchen voller Knoblauch, Blaubeeren oder Pepperoni, der aufgrund seines dürftigen Angebotes im satten deutschen Süden keine Überlebenschance hätte, Seitengassen, in denen dichtes Grün Schatten spendet und und und. Das macht Spaß und wir haben immer mehr Freude an der Stadt. Manfred hat sich eine Oyster-Bar ausgeguckt und dort verzehren wir die kleinen leckeren Dinger, von denen wir wissen, dass sie frisch aus dem Pazifik geerntet worden sind. Dazu gibt es heimischen Wein aus British Columbia, der richtig gut schmeckt.
Am Ende preist uns die koreanische Servicekraft noch einen besonderen Leckerbissen an, der auch in ihrem Land eine Delikatesse sei, die Elefantenrüsselmuschel, auch Penismuschel genannt. Wir lehnen dankend ab (siehe Foto).
Danach senkt sich die Müdigkeit über uns. All die unendlich vielen Eindrücke zollen ihren Tribut, aber das macht uns nichts. Dafür werden wir morgen gestärkt unsere neuen Ziele ansteuern können.
5. September 2024, Vancouver
Die Morgensonne weckt die errötete Stadt und auch uns und tatsächlich machen wir uns schon früh auf den Weg zum Bus, denn wir möchten heute unbedingt den Stanley Park erlaufen.
Während wir an der Haltestelle vor der Wesley Kirche warten, sperren plötzlich uniformierte Feuerwehrmänner den Bürgersteig ab. Trompeten erklingen und hunderte von weiteren Feuerwehrleuten nähern sich im Gänsemarsch. Wir sehen, dass ein Kollege zu Grabe getragen werden soll und treten natürlich betroffen zurück.
Kurz darauf trifft unser Hopp on Hopp off Bus ein. Er bringt uns auf fast geradem Weg zum Ziel. Erwähnen möchte ich, dass hier die Informationen zur Stadt nicht aus der Konserve über Ohrhörer in die Ohren tröpfeln, sondern leibhaftige Menschen im Bus stehen und wie klassische Reiseleiter berichten, was es zu berichten gibt. Dabei sind die Infos sehr individuell eingefärbt, was so manches Schmunzeln oder so manches Staunen hervorruft (zB über die hohen Wohnpreise oder über die Verpflichtung, ab einer gewissen Gebäudegröße der Stadt Straßenkunst zu spenden, was uns spannende Skulpturen am Wegesrand beschert). Wieder halte ich die Augen offen und entdecke neue Graffiti-Kunst, die bewusst von der Stadt gefördert wird. Vancouver hat in der Vergangenheit außergewöhnlich stark unter Graffiti Schmierereien gelitten und mit dem einfachen Kniff, diese Kunst bewusst zu fördern, indem sie gute Plätze zur Verfügung stellte und Wettbewerbe veranstaltete, sich fast komplett von wildem Gekritzel befreite. Stattdessen erfreuen wir uns nun an wirklich sehr spannender öffentlicher Straßenkunst.
Der Bus fährt an vielen kleineren Parks oder Grünflächen vorbei, die sehr einladend gestaltet und auch gut von Menschen und Familien mit Kindern bevölkert sind. Es ist Pflicht, zwischen 2 bis 3 Wohnblocks diese kleinen Oasen anzulegen, um Erholungsorte zu schaffen. Da es an durchschnittlich 200 Tagen im Jahr regnet, gedeihen diese Flächen natürlich hervorragend.
Bald aber verlassen wir den Hafen und erreichen blühende Rosenfelder, dem Entree zum Stanley Park.
Als erstes empfängt uns Jubel, Tanz und Trommelklang. Eine in prächtige indische Gewänder gekleidete Hochzeitsgesellschaft hat sich diese Idylle ausgesucht, um hier inmitten der Rosen ihre Hochzeitszeremonie abzuhalten. Es glitzert und blinkt, und der ausgelassene Jubel der Gäste und die fremdartige Atmosphäre zieht uns in ihren Bann.
Krass, wie sehr heute Morgen innerhalb nur einer Stunde tiefe Trauer und heitere Freude einander gegenüber stehen können.
So, jetzt aber los. Manfred möchte gerne die hier ausgestellten Totempfahle anschauen. Der Weg führt am Wasser entlang, wo sich eine traumhafte Kulisse zur Stadt hin entfaltet (kein Wunder, dass Vancouver Hollywood demnächst aus cineastischer Sicht den Rang ablaufen wird. Und das liegt nicht nur an den steuerlichen Nachlässen für die Filmindustrie); Kanadagänse ruhen dort, Kormorane sonnen ihr Gefieder und das Mädchen im Neoprenanzug räkelt sich auf einem Felsen. Der wunderbare Blick hinüber zur Lions Gate Brücke erinnert uns daran, dass wir erst gestern dort hinübergefahren waren, als wir von der Fähre an der Horseshoe Bay die Stadt ansteuerten. Wie schön sie ist, merkt man erst von hier unten aus.
Noch einmal atmen wir tief die frische duftende Luft des Parks mit seinen jahrhunderte alten Zedern ein, bevor wir uns ans andere Ende der Stadt aufmachen. Nun soll es doch Granville Island werden, die wir uns "geschwind" anschauen wollen. Es eilt, denn der berühmte Markt schließt um 18 Uhr. Da wir zu Fuß unterwegs sind, müssen wir uns sputen. Bei 30°C über die Burrard Brücke eilend schaffen wir es spielend. Na, damit habe ich aber dann doch nicht gerechnet. Wie viele Markthallen auf der Welt ich bereits besucht habe, kann ich gar nicht aufzählen, aber diese hier überrascht mich dann doch. Unerwartet viele und auch fremde Obst- und Gemüsesorten stapeln sich nebeneinander, Honigstangen-Verkäufer stehen neben Saftmixern, Fischhäppchen-auf-die-Hand Anbieter neben Glasbläsern. Alles ist vertreten und alles ist besonders anregend für meine Sinne.
Schade, dass auch das gleich wieder zu Ende geht, aber wir sind ja nun eigentlich auf der Suche nach einem schönen Wildlachs-Abendessen - und finden es auch gleich um die Ecke.
Nun geht es noch ein letztes Mal zurück über die Burrard Brücke und schon kann ich meine Sandalen in die Ecke pfeffern. Aus die Maus. Jetzt werde ich die Füße hochlegen und aus tiefstem Herzen bedauern, dass wir diese wunderschöne Stadt morgen verlassen.
Wer hätte das gedacht.
6. September 2024, Osoyoos
Noch immer wachen wir sehr früh auf und nutzen heute die Gunst der frühen Stunden, die erwachende Stadt ein letztes Mal zu erkunden.
Mit zielstrebigem Schritt nähern wir uns der Library, die einen wundervoll begrünten Dachgarten mit Cafe haben soll - gerade recht, um einen letzten Kaffee zu trinken. Umsonst. Wir sind diesmal so früh, dass noch geschlossen ist und wir drum entscheiden zurückzugehen, um unsere Sachen zu packen. Unterwegs fallen uns erneut die ungewöhnlich vielen Obdachlosen auf, die nicht in Haus- oder Ladeneingängen, sondern meist direkt am Straßenrand, in Plastikbedeckungen eingehüllt, liegen.
Schon gestern habe ich ein Foto eingestellt, auf dem ein junger Mann seine kompletten Habseligkeiten in einer großen Schubkarre verpackt zu seinem Nachtplatz gezogen hat. In allen großen Städten ist das so, das ist klar, aber hier fallen die vielen unter starkem Drogeneinfluß wankenden Frauen und Männer besonders auf. Ambulanzen und Polizei fallen genauso auf, denn man sieht sie ständig bei den armen Geschöpfen stehen, um mit ihnen zu reden oder sie aufgrund ihrer Situation medizinisch zu betreuen.
Ja, so pulsiert eine Stadt, mal geht die Frequenz in die eine, dann in die andere Richtung.
Unser Uber-Fahrer, der uns zum Rental-Car bringen soll, erzählt uns freimütig von dieser, der teuersten Stadt und seinem Leben. Mit den 250-300 Dollar, die er täglich verdient, ist er zufrieden und kann er gut leben, meint er. Ob er das tägliche Trinkgeld inkludiert hat weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass es grundsätzlich bei jeder Dienstleistung mindestens 18% betragen sollte - was uns immer wieder überrascht, denn die Preise sind bei allen Waren und Dienstleistungen so schon enorm hoch. 250 gr Butter kosten schon mal gerne um die 10 Euro, ein Glas Gurken frisch vom Bauern um die 12 Euro. Weißte Bescheid...
Aber jetzt blicken wir wieder nach vorne. Die Rocky Mountains warten auf uns! Schnell den Leihwagen abgeholt und los geht es. Denken wir... Aber auf einem Highway zu fahren, den gerade alle benutzen wollen, kann ganz schön herausfordernd sein. Denn hier gibt es nicht viele Möglichkeiten, gen Osten zu fahren und so stauen sich auf dem Trans Canada Highway (Hw 1) noch sehr sehr lange die Trucks und SUVs und Pickups und sonstige Monsterexemplare, bis wir Hope erreichen, wo sich die Spreu vom Weizen trennt - und sich nur noch ein paar vereinzelte Träumer und Einheimische auf dem Hw 3 verirren.
Nun sind wir also IN den Rocky Mountains, sehen sie nicht nur von oben aus dem Flieger! Aber sie wirken hier so anders, so enorm grün und prächtig. Fast wachsen die Zedern und Pinien in die Straßen hinein, so eng stehen sie. Dagegen ist der Schwarzwald ein Kindergarten. Dann schlängelt sich immer wieder ein flacher Bach an der leeren, meist doppelspurigen Straße entlang und wir genießen bei offenem Fenster vor allem eines: den schweren harzigen Duft des Waldes, der, begünstigt durch die Temperaturen zwischen 33° und 35° C, mit einer wundervollen Intensität bei jedem Atemzug in die Nase dringt. Zedern und Pinien. Sicher hat jeder bei der Vorstellung eine innere Ahnung von der Würze und Kraft dieser Düfte.
Das Bild ändert sich langsam. Wir steigen in Höhen, die mir mal wieder gar nicht gefallen. Fels wechselt mit abgebrannten Waldgegenden und großen Abbaugebieten von Bodenschätzen ab, bis wir endlich ein Tal erreichen, das zum Gebiet der Okanagan First Nations gehört.
In diesem Similkameen Tal erstrecken sich voll gewässerte Felder so weit das Auge reicht mit saftigen Pfirsischen, erntereifen Äpfeln, Wein etc. etc. Wir sind völlig überrascht. Befinden wir uns nicht in den Rocky Mountains? Hier soll es wirklich Wein geben? Das Rätsel löst sich erst am Abend auf...
Es ist ja jetzt auch nicht mehr weit, vielleicht noch 10 km bis zu unserem Ziel.
Hinter einem Hügel kurz bevor wir von oben den Osoyoos See in seiner ganzen Pracht bestaunen, wird mein Blick nach rechts gezogen und bleibt an einem merkwürdigen Bild hängen. Größere und kleinere, schier hunderte von separaten Becken, die in allerlei Farben schimmern, liegen vereint in einem See, der einen überschaubaren Umfang von vielleicht 6 Fußballfeldern hat. Sowas habe ich noch nie gesehen. Sofort ziehe ich Google zuhilfe. Man sagt, dass in diesem See eine der weltweit höchsten Konzentrationen an Bittersalz, Kalzium, Natriumsulfaten und anderen Mineralien, auch geringe Mengen an Silber und Titanium enthalten sei, in jedem Becken in unterschiedlicher Anordnung.
Der "Gefleckte See" ist bei den Ureinwohnern des Osoyoos-Gebietes von je her eine heilige Stätte, die seit Jahrhunderten als Ort der Heilung galt. Man glaubt, dass jeder der verschiedenen Kreise seine eigene, einzigartige, medizinische und heilende Eigenschaft hat. Das Land rund um den See war 40 Jahre lang in Privatbesitz. 2001 erwarb es die Regierung "zum Nutzen und zur Nutzung" durch die Okanagan First Nation. Dadurch ist auch sichergestellt, dass künftige Generationen der Okanagan davon profitieren, so wie es ihre Vorfahren getan haben. Des weiteren ist dadurch festgelegt, dass auch Besucher dieses unglaubliche Naturphänomen weiterhin besichtigen können (wenn auch nur von einem kleinen Aussichtspunkt aus).
Was war das jetzt wieder für ein schöner Zufall, diesen einzigartigen See entdeckt zu haben!
Nach mehr als 430 km erreichen wir endlich unser Ziel, ein Resort direkt am Osoyoos-See. Ein Plätzchen im Restaurant konnte gerade noch gesichert werden und wir kommen schnell ins Gespräch mit dem aufmerksamen Service. Ich frage nach einem lokalen Tröpfchen Wein und er antwortet scheinbar entrüstet, dass es hier ausschließlich lokalen Wein gäbe. Und so löst sich ganz schnell unser Unwissen auf: wir befinden uns hier am nördlichen Ausläufer eines riesigen Wüstengebietes, welches tief in die USA hineinragt (Idaho, Nevada etc. bis nach Mexiko) und im Norden klimatisch die Vegetation so begünstigt, dass köstlicher Wein und all die sonstigen gärtnerischen Erträge die Bevölkerung mit ernähren können. Tatsächlich sind die Temperaturen hoch (momentan lockere 35° C), aber im Winter höchstens -5°C tief.
Nach der langen Fahrtzeit vertreten wir uns noch ein wenig die Beine. Im See schwimmt es, paddelt es, jauchzt es, kaum zehn Meter daneben klingt es, jubelt es, klatscht es. Eine Country-Band ist angereist und unterhält unter offenem Himmel Jung und Alt. Hunderte von Zuschauern sitzen auf mitgebrachten zusammenklappbaren Stühlen und mit Glanz in den Augen. Die Luft ist auch hier geschwängert, jedoch nicht mit Zedernduft, sondern Cannabiswolken. Was für ein spezieller Abend.
7. September 2024, Osoyoos, Revelstoke, Gebiet der Okanagan
Mir ging und ging der Spotted Lake von gestern nicht aus dem Sinn, deshalb entschließen wir uns heute morgen, die 10 km zurück zu fahren, um ihn genauer zu inspizieren.
Zuvor allerdings suchen wir einen kleinen Supermarkt auf, um uns für den Tag einzudecken. Da draußen ist es heiß und ein paar Melonenscheiben heben das Wohlgefühl. An der Kasse werden wir erst einmal herzlich begrüßt, dann gefragt, wo wir herkommen und was wir noch vorhaben. Nachdem wir so ein bisschen unsere Pläne geschildert haben, gibt es rundum ein großes Hallo. Ein junger Mann, der an der Nachbarkasse seine Ware aufs Band gelegt hat, hört ein paar Stichworte und ist sofort Feuer und Flamme, zückt sein Handy und sucht eilig Fotos, die er uns von der Strecke unbedingt zeigen muss. Mir ist das ein bisschen peinlich, da wir jetzt alle Kunden aufhalten, aber beim Blick in deren lächelnde Gesichter ergebe ich mich gerne. Wir bewundern die Fotos und verabschieden uns dann mit viele Worten und fröhlichen Begleitrufen, die hinter uns erklingen. Ach, wie schön das ist.
Nun aber auf zum heiligen Platz der Okanagan. Da stehen wir nun ganz still und ganz alleine und bewundern dieses einzigartige Naturphänomen. Der See ist ein geschlossenes System und hat keinen Abfluß. Er ist durch 365 Kreise unterschiedlicher Form und Tiefe gekennzeichnet, von denen jeder seine eigene, unverwechselbare Zusammensetzung aufweist. Wenn das Wasser vor allem im Sommer verdunstet, fallen die Mineralien aus und es entsteht diese einzigartige und optisch beeindruckende Landschaft. Das mineralreiche Wasser selbst beinhaltet eine große Anzahl angepasster Mikroorganismen, die sich an die salzhaltige Umgebung optimal angepasst haben.
Ein paar Info Tafeln bringen uns die Okanagan und ihre Betrachtungsweise der Welt näher und ich freue mich, den ganzen heutigen Tag in ihrem Gebiet verbringen zu können.
Unser Weg führt von nun an wieder direkt in den Norden. Nach wie vor ragen links und rechts kahle Gebirgszüge auf, während die Ebene vor Leben nur so sprüht. Wir durchfahren die kanadische Weinhauptstadt "Oliver" (liebe Grüße nach Berlin) und erfreuen uns an den kleinen fast gartenähnlichen Parzellen, die bevorzugt mit Pfirsichen, Äpfeln, Kirschen, Tomaten, Gemüse oder aber Wein bestückt sind. Noch immer herrschen Temperaturen um die 31° C, aber immer noch verstehen wir nicht, wie dieses Wachstum funktioniert. Heute ist der 7. September und an jeder Ecke wird jetzt bereits angemahnt, daß ab dem 1. Oktober, also in genau 3 Wochen, Winterreifen und Schneeketten Pflicht sind. Gut, Wein wurzelt tief und hat Chancen, Wasser zu finden. Aber der Rest?! Reichen da die Bewässerungssysteme aus? Ich weiß es noch nicht. Muss ich mich mal drum kümmern...
Da unser nächstes Ziel Revelstoke 340 km entfernt liegt, pausieren wir am Ufer des Sees, dem wir seit langer Zeit auf dem Hwy 97 parallel gefolgt sind. Ein schmaler steiniger Strand lädt förmlich dazu ein, denn die Wellen schlagen friedlich an und das Wasser ist glasklar. Irgendwann streift Manfred die Klamotten ab und schwimmt hinaus. Wie herrlich, so ganz alleine in diesem wunderschönen See. Erst bei der Abfahrt fragen wir uns, wie er eigentlich heißt. Ein Schild klärt uns auf: wir haben gerade unsere Füße in den Okanagan-See gestreckt! Ein Blick auf die Karte zeigt, dass es der gigantische Binnensee ist, den ich schon im Flugzeug gesehen und bewundernd fotografiert habe. Prima, und hier sind wir im sogenannten Peachland gelandet, ebenfalls im Besitz der Okanagan First Nation.
Auf der Höhe von Kelowna (einer mittelgroßen Stadt von 130 000 Einwohnern), wo wir den See auf einer schön geschwungenen Brücke überqueren, wird uns plötzlich bewusst, dass wieder Bäume den Wegesrand säumen.
Ab hier erleben wir wieder eine sehr ländliche, extrem idyllische Landschaft mit herrlichsten Seen, vielen bäuerlichen Betrieben am Wegesrand, Kühen auf der Weide, Antiquitätenhändler im alten Cowboystuhl und Cannabisbuden eine neben der anderen. Soll es lose oder vorgerollt sein? Angebotstafeln offerieren alles, was das Cannabisherz begehrt. Wir begehren aber eher die Blaubeeren, die wir abseits des Weges auf einem Hof erstehen. Eine köstliche Wegzehrung!
Nun wollen wir aber endlich ankommen! Wir wundern uns, dass wir auf nur 450 m in einem klassischen Skigebiet gelandet sind, aber in Revelstoke ist alles genau darauf ausgerichtet. Auch die alten Skier über unserem Bett erinnern uns daran, wo es hier lang geht. Ein süßes B&B Zimmer zu einem Preis von einer Luxusunterkunft in Hamburg - das ist auch Kanada.
Im alten Schulhaus von Revelstoke genießen wir noch eine Portion Spaghetti mit Sockeye Lachs und köstlichem lokalem Syrah. Unsere strahlende Kellnerin erklärt uns, wie wir das Wort Okanagan exakt aussprechen müssten. Das will ich mir merken und so üben wir, bevor wir - immer wieder nach Bären Ausschau haltend (also ehrlicherweise mehr ich) - nach Hause wandern, um unter den Skiern in unserem handgefertigten Holzbett von Adlern, Wölfen und Bären zu träumen.
8. September 2024, Golden
Habe ich erwähnt, dass wir uns eigentlich in einem Ski-Gebiet befinden?
Man erinnert uns jedenfalls sehr gerne daran. So gibt es im Haus eine Klimaanlage, die sich nur zentral regulieren lässt und durch 3 Öffnungen im Zimmerboden eiskalter Wind in den Raum strömt; so massiv, dass sich der Vorhang fleißig mitbewegt, Tag und Nacht. Brrrrr, da passt das lauwarme Wasser aus der Dusche.
Während des Frühstücks serviert uns die Hausdame mit Hornbrille, grünem Schottenrock und grauen Wollkniestrümpfen den heißen Kaffee und dampfenden Getreidebrei mit Blaubeeren - herrlich!! Wir erwarten heute übrigens wieder 30° C, aber wir frieren immer noch wie Gänse.
Bis zur nächsten gebuchten Unterkunft in Golden haben wir noch 150 km, also mehr als genügend Zeit, um noch alles zu erkunden, was uns begegnet. Ich möchte gerne die Geisterstadt anschauen, die nicht weit vor Revelstoke liegt. Privatleute haben sie in den 60er Jahren im wahrsten Sinne des Wortes zusammengetragen und mit Liebe zum Detail alles gesammelt, was während der Ursprünge der Goldgräberzeit am Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts alles in Gebrauch war. Sie haben Häuser, ein Theater, Schulen und ein ganzes Hotel abtragen und hier neu aufbauen lassen. So sind Geschirr bis Fenstervorhänge zum großen Teil noch im Originalzustand zu sehen. Wir sind die ersten vor Ort und bleiben sicher zwei Stunden, da wir nicht genug bekommen können.
Das Verrückteste hier aber ist die riesige Rundhalle, in der alte kanadische Waggons aus allen Zeiten neben alten Feuerwehrwagen, Flugzeugen oder historischen Klavieren ausgestellt sind. Man kann sie natürlich besichtigen und fällt beim hochsteigen fast aus allen Wolken - so eng, so plüschig, so edel, so gemütlich, so extravagant, so unpraktisch. Ich bin hin- und hergerissen zwischen Faszination, Platzangst, Bewunderung und Abwehr.
Ein besonderer Wagen wurde einst von Pierre Elliot Trudeau genutzt, dem zweimaligen kanadischen Premierminister (1968 - 1979 und 1980 - 1984) und Vater des gegenwärtigen Premiers, Justin Trudeau. 1982 lieh er sich den Regierungszug für einen Sommertrip mit Familie in die Rocky Mountains. Ich hätte nicht tauschen mögen. Zu eng, zu plüschig, zu unpraktisch ;-)
Die Reise selbst ist berühmt-berüchtigt und unter "Salmon Arm Tribute" berühmt geworden (wird hier zu umfangreich).
Unterwegs gibt es noch einige kleine Abstecher. Bei einem landen wir in einem der seltenen Mini-Regenwälder im hiesigen Gebiet, bei einem anderen in einem alten geschützten Zedernwald, bei dem die uralten Riesen am Himmel kratzen. Monumental! Eine kleine Rocky-Maus hüpft Manfred direkt vor die Füße, als ob das selbstverständlich wäre. Gut, dass es kein Bär war.
Nun nähern wir uns tatsächlich Golden. Die Uhr meldet bereits eine Stunde Zeitverschiebung, jetzt schon. Unterwegs will ich wissen, ob Manfred noch ein kleines Abenteuer erleben möchte. Als er hört was ich meine, wird er richtig ungeduldig. Dennoch verlassen wir erst einmal den Highway und biegen in den Wald ab. Wie damals bei Beverley bei den Holy Crows in den Blue Mountains liegen die Anwesen kilometerweit verstreut mitten in den Wäldern versteckt und wollen gefunden werden. Auch unsere Lodge hat eine romantische Alleinlage. Mächtige Pinien sind in typischer Blockbauweise aufeinander geschichtet und vermitteln einen urgemütlichen Gesamteindruck. Ein großes Wohnzimmer lädt die Gäste ein, hier zu verweilen und miteinander ins Gespräch zu kommen. Alle Zimmertüren gehen von hier aus ab und stehen einladend offen. Sofort tritt der Wohlfühlfaktor ein, aber wir verweilen nicht lange - wir wollen ja noch zum Skywalk! Nach kürzester Autofahrt schicke ich Manfred raus zu diesem aufregenden Ort. Es ist ja klar, ICH muss solche Brücken über Schluchten nicht mehr laufen. Als Manfred nach einer halben Stunde zurückkommt, ist er völlig begeistert. Erstens war es wohl richtig tief, zweitens wohl richtig lang und drittens hat es so manches Mal auch richtig schön gewackelt.
Nun folgen wir einer Empfehlung und betreten eine richtig lässige kanadische Kneipe, wo ein Lager und Elchburger den Abend abschließen. Hätte die Liveband nicht abgesagt, wären wir sicher noch länger geblieben...
Jetzt aber sitze ich im Wohnzimmer im kanadischen Wald und tippe für heute meinen letzten Punkt.
9. September 2024, Golden, Canmore
Selbstgemachten Joghurt mit Blaubeeren verspeisen wir gemeinsam mit einem ehemaligen walisischen Militär und seiner taffen Frau Susi, die sich zu uns an den Frühstückstisch in unserer Lodge setzen. Sofort wird diskutiert, als ob wir uns schon Jahre kennen würden. Gemeinsames Thema: das Reisen! So gehen Anekdoten hin und her, Tipps werden ausgetauscht und zum Abschied ein warmes "take care" hinterhergerufen. So ist das, wenn man Reisende trifft, bereichernd.
Beschwingt biegen wir ab und fahren mit den vorgeschriebenen 50 km/h den Waldweg hinab. Da ruft Manfred aufgewühlt: "Ein Bär!" Und tatsächlich wankt ein wunderschönes Tier mit satt glänzendem schwarzem Fell gemächlich von links nach rechts über die Straße. So schnell kann ich gar nicht reagieren und obwohl wir jetzt sehr langsam fahren, schaffe ich es vor Aufregung nicht, ein vernünftiges Foto hinzubekommen. Wie wunderschön ist dieser Bär! Aber er ist so schnell im Dickicht verschwunden, dass der Moment auch schon wieder vorüber ist, bevor er richtig begonnen hat. Toll, dass es diesen Lebensraum in den Weiten der Nationalparks gibt und die Braun- und Schwarzbären hier ihr Dasein ohne Einschränkungen verbringen können.
Langsam werden wir von British Columbia nach Alberta überwechseln und dabei die bekanntesten wie den Yoho oder Banff Nationalpark streifen. Mein Wunsch war es bei den Vorplanungen schon, dabei den Emerald Lake zu besuchen. Er wird von glasklarem Gletscherwasser gespeist und hat durch die Mineralienabschleifungen dieses smaragdfarbene Erscheinungsbild, welches bei mir ein tiefes Einatmen verursacht hat. Nur 7km vom Highway entfernt hat er - ungerechtfertigterweise, behaupte ich jetzt mal - bei Weitem nicht die Magnetwirkung, die der Lake Louise oder Lake Moraine ausüben, die 50 km weiter die Touristenströme aus aller Welt anziehen. Hier finden wir locker eine freie Parkgelegenheit und teilen uns den Steg mit der schon sehr bemerkenswerten Aussicht mit - 80% Deutschen. Ich sag jetzt nichts weiter dazu...
Da wir uns treiben lassen können (heute müssen wir nur 140 km bewältigen), fahren wir kurz darauf wieder rechts ab. Ein kleines Schild führt uns zum Kicking Horse River Valley. Na, das sind aber mal überraschend wilde Stromschnellen und Wasserfälle, die sich da vor uns Bahn brechen. Wir können von einer Holzbrücke beobachten, wie das Gletscherwasser, aus vielen Zuflüssen (u.a. dem Emerald Lake) gespeist, über die runden Felsen stürzt und milchig türkisblau in der Ferne im Wald verschwindet. Dieses ökologische und historische Juwel Kicking Horse genießt die Ehre, als erster Fluss in British Columbia zum "Canadian Heritage River" ernannt worden zu sein. Da haben wir unerwarteter Weise mal wieder ein besonderes Fundstück zu unserer Reise hinzugefügt.
Und weiter geht es. Sollen wir es wirklich wagen und die Abfahrt zum Lake Louise nehmen?! Wir meinen ja. Obwohl auf der 4-spurigen Hwy 1 ja fast seit Anbeginn so gut wie kein Verkehr herrscht, beginnen sich schon bei der Ausfahrt zu diesem Rocky Mountain Highlight die Autos zu stauen. Und sogleich weisen Hinweisschilder darauf hin, einen Shuttle zu nehmen, denn mit dem Auto darf man sowieso nicht hin. Einen Shuttle aber sollte man teilweise schon Wochen vorher gebucht haben, um überhaupt einen Platz zu ergattern. Wusste ich alles, aber es mit eigenen Augen zu sehen ist dann doch nochmal etwas anderes. Und wir sehen mit eigenen Augen den Wahnsinn, drehen nach einem Kilometer sehr schnell entschlossen um und fahren weiter zur nächsten Touristen Attraktion: Banff. Auch hier kehren wir mit Vorbehalt ein, denn was als erstes auffällt sind riesige vollbesetzte Parkplätze außerhalb des Ortes, dann vollbesetzte Busse, die in den Hotels der Ortsaußenbereiche die Touristen ausspucken und Menschenmassen, die sich an den touristischen Läden der breiten Straßen vorbeischlängeln.
Jetzt sind wir aber mal da und finden mitten im Ort einen kleinen Parkplatz. Bevor sie die Tür zuschlägt, frage ich eine Dame, die gerade zu ihrem Mann in den Wagen gestiegen ist, wo man denn hier die Parkgebühren bezahlen müsse. Was soll ich sagen; sofort springt sie wieder aus dem Auto heraus und fragt uns, wo wir denn her kämen. Deutschland. How wonderful!!! Fast fällt sie uns um den Hals und erzählt, dass sie Wasserburg kenne und dass sie nun in Thunderbay leben würde (wo wir noch vorbeikommen werden) und und und. Wieder mal eine so unglaublich nette kleine Begegnung, die das Herz berührt. Einfach so.
Nach einem kurzen Gang durch den Ort, der sicherlich hübsch ist, mich aufgrund der Hektik überall aber ordentlich nervös macht, besuchen wir noch schnell eine Apotheke, um Manfreds Husten einzudämmen, der sich ankündigt. Bei den ständigen extremen Temperaturwechseln und Unterschieden von guten 20° C am Tag, hat es einen schnell erwischt...
Canmore ist das Ziel des heutigen Tages und nur gute 20 km von Banff entfernt. Noch im Frühjahr fand der Ski Weltcup 2024 hier statt und täglich konnte man sich die Waldgegenden im Fernsehen anschauen - was ich zeitweise getan habe, da ich wissen wollte, wie es hier aussieht. Canmore ist das freundliche Pendant zu Banff. Entspannt, überschaubar, freundlich, zugewandt, bezahlbar. "Ceannmore" ist eigentlich ein gälischer Begriff für "Großer Kopf" oder dem Sinne nach "Großer Führer". Die Stadt wurde nach Malcolm Canmore III. benannt, der von 1058 - 1093 Schottland regierte. Wir freuen uns hier zu sein und laufen ein Stück den Bow River entlang, der sich wunderschön und unbegradigt durch den Ort schlängelt - und uns noch bis mindestens Thunderbay (wer erinnert sich?) begleiten wird.
10. September, Lake Moraine
Einmal mit einem Star-Fotografen zusammen morgens um 6 Uhr alleine auf einem Felsen zu sitzen und auf einen der schönsten Seen der Welt zu blicken - ist das nicht ein Träumchen?!
Um diesen Moment zu erleben muss man allerdings um 4 Uhr in der Früh aus den Federn steigen, den eigenen Mann schnappen, der eine richtige Erkältung ausgebrütet hat und in tiefer Dunkelheit einen kleinen Bus besteigen. Das Unternehmen, das ich dafür ausgesucht habe, ist auf diese frühe Stunde spezialisiert, denn einen Sonnenaufgang an den Seen Louise und Moraine zu erleben gehört zum Traum aller NaturliebhaberInnen. Wir haben uns auf den Lake Moraine festgelegt und fahren fast zwei Stunden bis zu einem menschenleeren Parkplatz. Dort erhalten wir von Josh, unserem britischen Guide einen Pott heißen Kaffee und lassen uns in die Verhaltens-Gepflogenheiten vor Ort einweisen. Dann endlich macht er mich mit Mark Unrau bekannt, dem Fotografen, der mich die nächsten 2,5 Stunden persönlich in die Landschaftsfotografie einweisen wird. Eigentlich sollten wir eine kleine Workshop-Gruppe sein, aber Mark hielt dies für so uneffektiv, daß ich nun in der echten Genuß komme, alleine und voll konzentriert von seinen über 30 Jahren Erfahrung zu profitieren.
Aber Mark ist nicht nur ein begnadeter Fotograf, sondern auch ein leidenschaftlicher Philosoph, der für seine Kunst brennt und entsprechend engagiert in die Komposition eines Bildaufbaus einführt, mir Details meiner Kamera erklärt und mir ganz neue Erkenntnisse eröffnet. Am Wichtigsten sind ihm aber nicht die Techniken der Fotografie sondern der kreative Prozess an sich, der durch das Spielerische, die Neugierde und gleichzeitiger Kontemplation geprägt sein sollte, ganz im Gegensatz zur unbedingten Zielorientiertheit, Fokussierung auf ein ein Detail, ohne das große Ganze drumherum zu beachten und Starrheit. Im Alltag ist es genau diese Balance zwischen einem "open" und einem "closed mode", wo zur Lösung eines Problems der erste kreative Ansatz schließlich zu einer Lösung und Implementierung führen kann (unter Zuhilfenahme des "closed modes").
Fast hätte ich bei diesem Gespräch während der letzten 2,5 Stunden vergessen, in was für einer wunderschönen Umgebung wir uns befinden! Bis mich Manfred dann einmal begeistert weglotst, um mir an einer schneebedeckten Bergspitze die ersten Sonnenstrahlen zu zeigen. Mittlerweile sind wir dann doch umgeben von einigen jungen Chinesen, die wie Gemsen die steilen Felsen und das empfindliche Geröll rauf- und runterhüpfen, um schnell ein tolles Insta-Foto zu schießen. Wow, arg wagemutig, in welche Positionen sie sich dabei begeben.
In allerletzter Minute erreichen der Fotograf und seine Schülerin hechelnd unsere Shuttle zurück nach Canmore. Mark muss sich bei den Fahrern entschuldigen - wie immer käme er zu spät. Wie Schuppen fällt es mir da von den Augen, denn sofort kommen mir Menschen in den Sinn, die sich wohl auch permanent in genau diesem "open mode" bewegen und vielleicht gar nicht anders können - weil es einfach ihr Naturell ist.
Während des ganzen Aufenthaltes in Kanada bisher hatte ich mich auf diese Augenblicke am Lake Moraine gefreut und so sind jetzt alle meine Wünsche erfüllt. Ab jetzt (besser übermorgen) bewegen wir uns im open Modus, denn nun ist nichts mehr geplant, keine Unterkunft gebucht und keine Route vorausbestimmt.
Da es heute zum 1. Mal seit unserer Ankunft in kurzen Schüben regnet und schlagartig bitter kalt geworden ist (13°C), genießen wir es, noch diesen einen Tag hier zu sein, das Haus zu hüten, Manfreds Erkältung auszukurieren und am Abend live die Diskussion Kamala Harris/Donald Trump zu verfolgen.
11. September 2024, Calgary
Nachdem ich gestern nach der sogenannten Debatte zwischen den beiden amerikanischen Präsidentschaftsbewerbern nur sehr schlecht eingeschlafen bin, steht heute der Abschied von den Rocky Mountains bevor.
Ein letztes Mal zähle ich erneut voller Staunen, wie viele Waggons an einem der regelmäßig vorbei ziehenden Güterzüge hängen und glaube jedes Mal mich verzählt zu haben. Aber nein, es sind tatsächlich 158 Waggons (ca. 95 % davon Doppelcontainer), die von einer ziehenden Lok, einer dazwischen gehängten und einer am Ende fahrenden Lok eingerahmt sind und im Schneckentempo durch die Rocky Mountains tuckern. Dass hier nur auffallend wenige Lkws auf den Straßen zu sehen sind hat dadurch eine nachzuvollziehende Erklärung.
Nachdem es gestern zumeist regnete und dadurch einen unangenehmen Temperatursturz zur Folge hat, kann ich mir sehr gut vorstellen, warum man hier ab dem 1. Oktober tatsächlich mit harten Wintereinbrüchen rechnen kann. Auch jetzt hängen die Wolken fast auf unserer Straße, aber je weiter wir in die Ebene kommen und uns Calgary nähern (nur gute 100 km entfernt), desto mehr lichtet sich der Himmel. Wir rechnen mit einer überschaubaren mittleren Stadt, fahren aber in eine enorm schnell wachsende Metropole von 1,6 Millionen Einwohnern. Unser Tom Tom hat die Anweisung, das Zentrum zu finden. Macht es auch - aber das verwirrt uns. Hier reiht sich ein interessantes Hochhaus an das nächste und wir glauben auch, dass wir in Downtown angekommen sind, aber das Auge hängt sich ansonsten an nichts Weiterem fest. Kein Park, kein offener Platz, keine Menschen, die durch spannende Straßenzüge laufen würden, nichts.
Gut, dass uns Google weiterhelfen kann. Es soll nicht weit von uns entfernt eine "belebtere Gegend" geben. Hohoho, eine Art Fußgängerzone, die von historischen EInzelgebäuden gesäumt wird, zieht sich wie eine Filmkulisse durch die moderne Umgebung. Auch hier sind wenige Leute unterwegs, tendenziell eher Büroangestellte in Zwirn und Kostüm, die einen kurzen Break machen, einen Becher Kaffee in aller Eile zum Ziel tragen oder in Teams zusammenstehen, um die Pause zu überbrücken.
Sind wir irgendwie doch falsch abgebogen? Das kann uns nicht weiter kümmern, denn wir müssen weiter. Auf dem Weg zum Parkhaus steht die Tür zu einer kleinen Kirche offen. Ach komm, dann lass uns doch wenigstens noch einen kleinen Blick hineinwerfen! Kaum eingetreten, umringen uns drei ältere Damen, drücken uns freundlich begrüßend ein Papier in die Hand und schieben uns, ohne dass Widerspruch möglich gewesen wäre, durch eine Glastür in den Kirchenraum. Dieser ist warm erleuchtet und mit vielen Menschen besetzt. Vorne in Höhe des Altars sitzt eine Art Jesus an einer merkwürdig konstruierten elektrischen Orgel und improvisiert eigene Kompositionen. Diese fremdartigen Klänge lassen wir uns nicht entgehen, werden aber beide keine großen Fans. Nach einer Weile verlassen wir den Raum und werden von den Damen, die ehrenamtlich für dieses Kunstprojekt arbeiten, draußen sogleich wieder in ein Gespräch verwickelt. Ich liebe diese Art der KanadierInnen, in Kommunikation zu gehen!
Noch immer bleibt genügend Zeit, bevor wir unser neues Airbnb-Zimmer beziehen können. Da das Heritage Village, obwohl ein Touristenmagnet, bereits ab dem 2. September nur noch am Wochenende geöffnet hat, besuchen wir einfach den Wilder Calgary Zoo. Ein riesiges Gelände ist den Tieren der Welt gewidmet, aber meiner Meinung nach in einem nicht sehr tieradäquaten Zustand. Einmal liegt er in der Einflugschneise des Flughafen, weiter zwischen Eisenbahnlinie und Schnellstraßen, was permanenten gravierenden Lärm bedeutet, dann haben viele Tiere eine bedauernswerte enge eingepferchte Lebensumgebung und müssen sich mit Materialien auseinandersetzen, die in einer natürlichen Umgebung nichts zu suchen haben (Spielbälle, Kartonagen, Plastikrohre und v.m.). Dennoch haben wir es genossen, viele interessante Tiere zu sehen.
Auch unser Zimmer in einer Privatunterkunft gefällt uns, aber schon wieder müssen wir los. Wir sind mit einem jungen Bekannten verabredet, der vor über einem Jahr seiner kanadischen Freundin nach Calgary gefolgt ist, weil ihr hier eine Professur angeboten wurde. Nun lebt er sehr zufrieden in dieser Stadt und hofft ebenfalls auf eine Ruf an die Uni. Beide schildern uns die Rahmenbedingungen ihres privaten und beruflichen Lebens und wir lernen sehr viel und sehr detailliert über Land und Leute. Dabei sitzen wir gemütlich in einer Privatbrauerei nicht weit von unsere Unterkunft, Pizza essend und mir vom Brauer die Bier-Samples erklären lassend, die ich nun kritisch teste. Die vielen Aromen sind nicht meins, aber der Rest ist lecker.
Mit ein paar guten Empfehlungen für morgen versehen verabschieden wir uns - und verabreden uns für Dezember 2024 auf dem Weihnachtsmarkt in Freiburg...
12. September 2024, Regina
Heute sollte ich euch nicht viel erzählen können, denn der pure Regen ist angesagt - und er fließt tatsächlich in Strömen.
Drummheller, die sagenhafte Dinosaurierstätte soll unser Ziel sein, da die Empfehlung von gestern Abend so eindrücklich war, dass wir den Abstecher machen wollen. Aber es stellt sich die Sinnfrage. Bei diesem Regen wirklich 300 km Umweg in Kauf nehmen? Besser nicht, denn insgesamt haben wir uns heute eine echte lebendige Mammut-Aufgabe vorgenommen: über 750 km bis zur Hauptstadt Saskatchewans wollen bewältigt werden.
Schweren Herzens canceln wir den Norden Calgarys, der sicherlich eine Entdeckung gewesen wäre und machen auf Strecke. Noch im Speckgürtel Calgarys dehnen sich unendliche Getreidefelder aus, durchsetzt von minikleinen Ölförderanlagen. Wir wissen, dass genau davon Calgary lebt und wächst und wächst: Öl, Gas, Getreide, Fleisch. Tatsächlich grasen dunkelbraune bis schwarze Kühe zufrieden auf unendlichen Weiden, um den Burger-Hunger zu stillen. Ein Besuch in einem voll ausgestatteten Supermarkt ist schon sehr erschreckend, denn da quillt das Fleisch in allen Erscheinungsformen aus den Regalen. Das Getreide, vor allem die Gerste, die überall noch steht, benötigen die Craftbeer-Brauereien, die in Calgary in ganzen Stadtgebieten aneinandergereiht sind.
Ab jetzt ändert sich während der nächsten vielen Stunden nichts. Wir fahren auf dem breiten Highway wie ein einsamer Ureinwohner auf seinem Pferd beschaulich durch weite Steppe und blicken in die Ferne. Links goldene weite Ebene, rechts goldene weite sanfte Hügel, vor uns die graue breite Straße, die sich in der Ferne verliert. Bei 110km/h ist das extrem entspannt. Langsam lichtet sich der Himmel und wir können etwas weiter in die Ferne schauen. Was sehen wir? Links goldene weite Ebene, rechts goldene weite sanfte Hügel, vor uns die graue breite Straße ;-)
Nie hätte ich erwartet, dass man dabei wirklich runterkommen kann. Wir erahnen die Schönheit, die um uns und hinter den Nebelschwaden versteckt ist. Man müsste nur die Zeit haben, einfach mal abzufahren und das Land in seiner Tiefe zu erkunden. Zwar dehnen sich zeitweise frisch abgeerntete Getreidefelder aus, bei dehnen kilometerweit kein Anfang und kein Ende zu sehen sind, aber die Farben in allen Gelb- und Goldtönen sind wunderschön.
Unsere vielen Gespräche drehen sich u.a. um das Jahr 1865. Während dieser Zeit grasten auf genau diesen Flächen noch um die 50 Millionen Bisons - 10 Jahre später waren es nur noch 500. Die neuen Siedler schlachteten sie in dieser kurzen Zeit millionenfach ab, um an das Leder zu kommen und es zu verschachern. Sie nahmen den ursprünglichen Bewohnern damit ihre komplette Lebensgrundlage. So viel zur grausamen Vergangenheit.
Zwischendrin tauchen kleine Seen auf, die eher ausgetrocknet sind, aber am Grunde in allen Farben leuchten. Erst bei Chaplin eröffnen sich uns ganz neue Perspektiven, die uns ein bisschen Erklärung bieten. Plötzlich erscheinen nämlich weiße Hügel, die wie riesige, hochaufgeschichtete Schnee- oder Gletscherplatten aussehen. Das ist ein sehr unwirklicher Anblick. Da man leider auf der gesamten Strecke so gut wie nie anhalten kann, also keine Raststätten oder Haltepunkte vorgesehen sind, nutzen wir eine kleine Bucht, um aus der Ferne ein Foto zu machen. Man baut hier tatsächlich Salz ab, Salz welches wohl aus uralten, noch in der Tiefe lagernden abgeschlossenen Meeresflächen stammt, welches aus Gründen nach oben gedrückt und abgebaut wird.
Am Nachmittag erreichen wir die Hauptstadt Regina. Endlich Füße vertreten! Wir laufen ein Stück Richtung Downtown und werden immer langsamer. Es begegnet uns viel Elend, viele Menschen, die wie im Delirium scheinen, in Pulks zusammenstehen oder auf der Straße sitzen. Bürgersteige sind tiefenverschmutzt, Müll, ganz im Gegensatz zu unseren bisherigen Erlebnissen, großflächig verstreut und Bauten bis in die menschenleere Innenstadt ungepflegt und heruntergekommen. Es gibt viele Murals, die die Stadt wohl ein wenig verschönern sollen, ansonsten aber sind die meisten Geschäfte, als wir dort entlang schlendern, um 17 Uhr geschlossen, entweder momentan oder für immer. Es leben hier um die 230 000 Menschen. Wir sprechen also von keiner Kleinstadt. Dass auch viele Deutsche hier untergekommen sind, erkenne ich zufällig an einem Unterarm, den ich von der Seite fotografieren konnte...
Da ziehen wir uns doch lieber ins Hotel zurück, wo ich dann doch hundemüde schnell einschlafe.
13. September 2024, Winnipeg, Manitoba
Wir verlassen Regina ohne Bedauern - obwohl erneut 620 km vor uns liegen.
Aber wir wissen was kommt und erstaunlicherweise mögen wir die Weite, die Unendlichkeit von Saskatchewan sehr. Wiederum dehnen sich die Flächen, wiederum folgen wir Kilometer um Kilometer bei 110km/h, ohne dass uns jemand begegnet oder gar überholt. Im Radio lassen wir Songs der 60er dudeln und finden das überaus lustig, singen mit, klopfen den Rhythmus oder summen vor uns hin.
Um der Eintönigkeit keine Chance zu geben, fahren wir irgendwann kurzentschlossen ab. Irgendein kleiner Ort hat sich tatsächlich am Trans Canada Highway angesiedelt. Wir fahren langsam die Straßen ab und begegnen nur wenigen Menschen. Die kleinen Häuslein sind liebevoll gepflegt und kleinste Läden und sogar ein Hotel (?) werden offenbar fleißig genutzt. Aber dominiert wird dieser Ort wie überall von einem riesigen Getreidesilo.
Auch wenn wir weiterfahren und in der Ferne glauben, endlich auch einmal eine menschliche Ansiedlung zu entdecken - die Kirchturmspitze am Horizont entpuppt sich immer als gigantischer Getreidesilo. Kein Haus, keine Siedlung, einfach nur Getreidesilos. Manchmal liegen sie direkt an der Eisenbahnstrecke, die uns immer wieder streift, um unverzüglich die Ernte auf den Markt werfen zu können.
Als wir nach Stunden die Grenze nach Manitoba überqueren, lädt uns erstmals eine kleine Raststätte zum Halten ein. Eine sehr engagierte Dame hat dort die Aufgabe übernommen, Menschen von ihrem schönen Land zu überzeugen. Sie rät uns, doch vom Highway abzubiegen und über Land weiterzufahren. Wir würden Dörfer und wunderschöne Landschaften entdecken, die wir von der Schnellstraße aus nie erkunden könnten. Gut, das machen wir. Leider. Denn es ändert sich nichts, außer dass wir nur viel langsamer vorankommen, der Verkehr zunimmt, kein Dorf durchquert wird, es regnet und sich die Landschaft nicht ändert. Nur die Straße verjüngt sich von 4 auf 2 Spuren.
Also fahren wir ein gutes Stück länger, bis wir endlich in der Hauptstadt Manitobas eintreffen. Übrigens eine Stunde später als gedacht, da sich wieder die Zeitverschiebung bemerkbar macht.
Wir freuen uns auf Winnipeg, haben viel darüber gelesen und uns von der Dame an der Grenze anstecken lassen. Von der Begeisterung.
Es herrscht viel Verkehr, aber wir erreichen unser nettes Hotel im Zentrum der Stadt sehr zielstrebig. Um dort hineinzukommen müssen wir allerdings Knöpfe drücken und auf das Öffnungssignal warten. Leicht befremdlich. Aber abenteuerlustig gestimmt machen wir uns bald darauf auf, um die viel gelobte Stadt selbst zu entdecken.
Nach wenigen Schritten bereits ein erstes Déjà-vu. Wankende Drogensüchtige, sitzende Drogensüchtige, liegende Drogensüchtige. Keine weiteren Fußgänger - ah, doch, da ist einer. Und da, noch eine.
Wir befinden uns also wieder in einer Großstadt, in der die Arbeitsplätze in modernen Hochhäusern mitten im Zentrum versteckt sind, das Leben aber woanders stattfindet. Zufällig entdecken wir einen Supermarkt, der hell beleuchtet ist - aber sichtlich keine Kunden durch die Regalzeilen schlendern. Als wir auf einer Höhe sind, öffnet gerade ein Sicherheitstyp mit dickem Schlüsselbund die Eingangstür, damit eine Kundin den Laden verlassen kann. Danach öffnet er die Eingangstür für den nächsten Kunden, der geduldig wie 5 andere Kunden auf Einlass draußen gewartet hat und nun als Einzelperson shoppen gehen kann. Bitte? Ist das wahr?
Tatsächlich verstehen wir jetzt, weshalb auch unser Hotel mit diesen Sicherheitsstandards arbeitet. Türen, auch öffentliche, öffnen sich nur mit Karte, Code oder durch persönliche Unterstützung. Wir sehen, wie die Securities die Drogensüchtigen abweisen, damit sie die Häuser nicht betreten. Nun wollen wir es wissen und befragen alle Menschen, die uns so über den Weg laufen über das Leben in dieser Stadt. Eine Servicekraft fragt uns als erstes, was wir denn überhaupt hier wollten, in DIESER Stadt?! Wenn, dann lebt man nicht im Zentrum, sondern in den Außenbereichen der Stadt. Aber so wirklich empfehlenswert sind wohl vor allem die Museen und The Forks, ein Platz an der Konfluenz des Red River und des Assiniboine Flusses. Machen wir wohl morgen, je nach Wetterlage, denn jetzt regnet es mal wieder.
Auch das Abendessen verbringen wir im Nachbar-Restaurant des Hotels, denn alles andere kommt nach Sonnenuntergang für mich hier nicht in Frage. Die Türen sind nur auf Klingeln zu öffnen und so sind wir nach einem langen Tag froh, so nett in einem coolen Hotelzimmer abschließen zu können.
Morgen dann neuer Tag, neues Glück!
14. September 2024, Winnipeg
Auch wenn morgens um 6:30 Uhr im 14. Stockwerk unseres Hotels der Feueralarm losgeht - so schnell wirst du uns nicht los, meine Dame Winnipeg.
Wie geplant marschieren wir so los, dass wir ab 10 Uhr die Forks besuchen können, eine Gegend am Zusammenfluss des Red und des Assiniboine Rivers.
Dazu müssen wir jedoch aufgrund der Bebauung und der Bahngleise durch das Gebäude des städtischen Hauptbahnhofes hindurch laufen. Mal wieder eine kleine Irritation - sind wir hier richtig? Ist eventuell geschlossen? Wir betreten vorsichtig das Gebäude, das eigentlich wie ein klassischer Bahnhof aussieht, der Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts erbaut worden ist. Schwere Türen, blitzsaubere Vorhalle, prächtige Ausführung in tadellosem Zustand - aber es sind nirgends Menschen zu sehen. Doch, da hinten sitzt an einem Informationspult aus feinstem Gestein ein Inder, den wir ansprechen. Wo sind die Menschen, die in diesem Bahnhof mit dem Zug fahren wollen? Er erklärt uns ausführlich und freundlich, dass hier täglich nur ein Zug verkehren würde und all die Angestellten, die aber nur an 5 Tagen die Woche arbeiten (und heute ist ja Samstag), sonst im Allgemeinen auch nur deshalb nicht sichtbar wären, weil sie im Gebäude verteilt an ihren Schreibtischen sitzen würden.
Wir sind wirklich völlig überrascht. Hier gibt es so viele Wartestühle, so viele prächtige Ausstattungsdetails - aber eben keine Reisenden.
Es ist, wie es ist. Wir durchqueren relaxt das Gebäude und sind bereits am Ziel.
Nun zu The Forks: Ein geschichtlich extrem spannender Ort, denn bereits die Ureinwohner nutzten diesen Platz vor mindestens 6000 Jahren als Lebensmittelpunkt. Später trafen sich diverse indigene Stämme zu Friedensverhandlungen und seit der Kolonialisierung galt der Ort als Handels- und Umschlagsplatz von "Neusiedlern", die sich auf ihren Routen von Ost- nach Westkanada hier an der Konfluenz in der Goldenen Mitte Kanadas perfekt treffen konnten. Bis in die 1880er Jahre war The Forks der Hauptumschlagplatz für Pelze.
Heute trifft man sich an dieser Stätte zum entspannten Zusammensein, flaniert an den Erinnerungspunkten entlang, bildet sich dabei ein wenig weiter oder kauft sich ein frisch gebackenes Brot für unterwegs in den kulinarisch und kommerziell ausgerichteten Lädchen. So wie wir. Erst ein Nickerchen am aufgeschütteten Sandstrand des Assiniboine Flusses, dann werden die modernen künstlerischen Ergebnisse zur Vergangenheit des Ortes bestaunt und danach das Brot angepickt. Dazu passt bei diesem herrlich sonnigen Wetter, dass Bank und Tisch im Schatten der Bäume um eine große Liegewiese drapiert sind. Nach einer Weile bemerke ich, dass die Wiese merkwürdig "lebt". Kleine braune Fellwesen springen rasend schnell umher, spielen kurz miteinander, stoßen schrille Schreie aus und verschwinden dann wieder in den Höhlen, die überall als Sandhäufchen über der Wiese verteilt sind. Man muss schon genau hinschauen, um herauszufinden, um was es sich handelt. Die kleinen Gesellen schauen aus wie eine Mischung aus Hamster, kleinen Bibern, Hasen ohne Ohren und großen Mäusen. Aber nein, es sind Richardson-Ziesel, Hörnchen, die in Kolonien zusammen leben und vor allem im Bereich Saskatechewan, Alberta und Nordamerika vorkommen. Sie knabbern Blätter, Samen, Wurzeln, Beeren und Früchte. Sie sind recht unbekümmert und es passt in die Beschaulichkeit, sie in aller Ruhe zu beobachten.
Aber irgendwann ist genug. Jetzt ist wieder Bildung angesagt.
Direkt benachbart steht nämlich das eindrucksvolle hypermoderne Museum für Menschenrechte an der Brücke zum französischen Teil Winnipegs und lockt uns ins Innere. Ein architektonisches Meisterwerk, das weltweit einzigartig ist!!
Da außer uns keine Besucher zu sehen sind, werden wir sogleich wieder in nette Gespräche verwickelt. Eine junge Studentin beschreibt uns den Aufbau des Gebäudes und den Weg, den wir gehen werden: aus der Dunkelheit des Erdgeschosses hinauf auf die 8. Ebene, hinein in die Helligkeit, hinauf zum Tower of Hope.
Von Beginn an sind wir beide von der Atmosphäre des "Museums" gefangen. Wir sollen den beleuchteten, komplett aus Alabaster gebauten Wegen hinauf folgen. Sie führen uns auf jeder Ebene in einen anderen zeitgeschichtlichen Zusammenhang. Am Anfang erhalten wir eine Einordnung in die vielen Ideen, die von der Menschheit entwickelt wurden, um ein gutes Zusammenleben zu ermöglichen. Begriffe wie Gleichheit, Würde, Freiheit etc. mussten sich erst entwickeln. Sowohl gesellschaftliche und zeitgeschichtliche Umstände als auch einzelne Menschen trugen dazu bei, dass sich Ideen weiter formten und letztendlich in den Internationalen Menschenrechtskodex der Vereinten Nationen mündeten.
Nun stellt sich Kanada ganz explizit und ausführlich seiner eigenen Geschichte. Es kommen viele Menschen in Schrift, Ton, Bild und Film zu Wort, die eine unglaubliche Betroffenheit auslösen; ob die Vertreibung der indigenen Völker, die Ermordung von indigenen Frauen, die Unterdrückung der chinesischen "Gastarbeiter", die schreckliche Umerziehung von indigenen Kindern, die ihren eigenen Eltern weggenommen wurden, die permanente Diskriminierung von missliebigen Bevölkerungsgruppen, wie Farbigen, Schwulen, Lesben oder religiösen Gruppen wie Juden etc. Die Liste ist beliebig lange. Aber Kanada stellt sich sehr selbstkritisch und die Darstellung in den beiden hier geläufigen Sprachen Englisch und Französisch ist ein weiterer Schritt, eine Transparenz zu schaffen.
Ich habe mich lange mit den einzelnen Darstellungen beschäftigt und fühle mich sehr betroffen. Jetzt auch noch die Geschichte des Deutschen Reiches?! Das schmerzt sehr, denn auch diese Ausstellungsebene ist sehr gut bestückt und geht tief unter die Haut. Ich gehöre zu der Generation, die die Zeit der Weltkriege in der Schule bis ins Detail sehr genau durchgearbeitet hat, aber offensichtlich nimmt die Betroffenheit im Laufe der Zeit eher zu. Eine geöffnete Dose Zyankali nebst einer dazu gehörigen Rechnung vor sich zu betrachten ist schier unerträglich. Oder die Geschichte des jungen Boxers "Rukeli" Trollmann in Wort und Bild - Gänsehaut und Trauer.
Es wird nicht einfacher, die Ebenen höher zu steigen (Menschenrechte in anderen Ländern etc.). Zwischendrin ist ein Steingarten zum Ausruhen aufgebaut. Kann man das, sich ausruhen? Kaum. Erst, als wir uns der Glaskuppel nähern und es heller wird, denke ich an den Tower of Hope. Trotz meiner Höhenangst entscheide ich mich, mit dem Aufzug an die Spitze zu fahren. Überwindung pur, aber es hat sich mehr als gelohnt.
Warum steht ein solches Bauwerk nicht in jeder größeren Stadt auf dieser Welt? Niemand geht dort hinaus, ohne betroffen zu sein, ohne etwas gelernt zu haben, aber auch mit der Erkenntnis, dass es auch jetzt Menschen gibt, die den Mund aufmachen und sich für Menschenrechte auf allen Ebenen einsetzen. Also doch ein bisschen HOPE am Ende.
Wir laufen schweigend durch die Sonne nach Hause, bevor sich die Anspannung langsam löst. Der Blick aus unserem Zimmer wird nach unten gelenkt. Plötzlich sehen wir soooo viele KanadierInnen in einer Schlange vor dem Canada Life Centre stehen. Wo wollen die denn hin? Bis wir es erfahren: Avril Lavigne konzertiert heute Abend nur wenige Meter von uns entfernt. Na toll, jetzt sitzen von den 1,4 Millionen Einwohnern Manitobas über 16.000 gegenüber in der Halle. Ich glaube, jetzt beschweren wir uns nicht mehr über zu wenige Menschen in Winnipeg!
15. September 2024, Thunder Bay
Liebe Familie, liebe Verwandte, Freunde und sonstige Bloginteressierte,
heute gibt es keinen Beitrag von Claudia, sondern einen Gastbeitrag vom mir, dem ebenfalls Quer-durch-Canada-Mitreisenden (Aufgaben: Ehemann, Ratgeber, Bearfighter, Fahrer, Diener (genannt: Döner, nur für Insider) und etc.).
Vielleicht zuerst zu den bisherigen Aufgaben eine kurze Zusammenfassung:
1. Ehemann: etwas mehr als 2 Wochen 7/24 mit Ehepartner zusammen und immer noch verheiratet
> passt
2. Ratgeber: siehe Qualität der bisherigen Blogbeiträge > passt (Claudia passt dieser Kommentar nicht 😊)
3. Bearfighter: siehe Blogbeitrag und Photos > passt
4. Fahrer: bisher ca. 4500 km hinter uns und noch ca. 2500 km vor uns, davon ca. 780 km heute durch grandiose Landschaften mit Wald, Wald, Steinen, Steinen und Ebenen und Gras, Gras, in wirklich allen Varianten (auch in Marihuanaschlösschen...). Insgesamt sind auf der heutigen Strecke (780km) gefühlt so viele Autos unterwegs gewesen wie üblich morgens auf der Weg zur Arbeit von Freiburg-Mitte bis Teningen. Also mehr konzentrieren mit Cross-Checks auf Elche, Hirsche und Bären. Beinahe hätte ich auf der Straße den wohl einzigen Schwarzbär mit weißem Brustfleck erwischt, aber als ehrenbehafteter Bearfighter wäre dies mit dem Auto komplett unangemessen gewesen und habe ihn Gottseidank nicht erwischt. Auch für uns, denn irgendwo im Nichts ( 100 km zur nächsten Ortschaft, die auch wahrscheinlich am Sonntag ohne jegliche Servicedienste, etc. etc.) mit einem Bärenunfall?????
Unsere verschiedenen Leihwagen seht ihr in der Bildergalerie (findet die Fehler!).
Insgesamt : passt
5. Diener: ihr seht, dass Claudia viel Zeit für Blogbeiträge und superschöne Photos einsetzen konnte,
deshalb überlasse ich euch das Fazit . Ich glaube aber: passt
6. etc: passt
So nun kurz zu heute:
Nach dem Fahren durch die wunderschönen Landschaften, die wirklich wie Modelleisenbahnlandschaften, wie Elfenlandschaften, wie Mittelerde wirkten, sind wir in/an einem Ort gelandet/gestrandet, der sich Thunder Bay nennt und den unsere Kanadareiseführer so beschreibt:
Thunder Bay liegt so isoliert wie nur denkbar ...
Und der Ratgeber hat recht. Entsprechend ist unsere gemäß Booking.com "spitzennotierte" Unterkunft in Preis und Ausstattung relativ "isoliert" und auch die Empfehlung zum Abendessen war auf "isoliertem" Niveau.
Wir sitzen jetzt im "isolierten" Hotelzimmer und warten bis es Nacht wird und wir morgen früh gleich weiter können am Rand des Lake Superiors (einer der Great Lakes, wirklich Great) zu einem noch einsameren Wawa, aber dann geht es gen Toronto-Region.
Entsprechend sind wir heute Abend etwas einsam und "isoliert" und vermissen unsere Lieben, obwohl wir euch schon wieder 3 Zeitzonen näher gekommen sind und der Abstand "nur" noch 6 Std
beträgt.
Schickt uns doch, wenn ihr das gelesen habt, zur Aufheiterung einfach ein Smiley, ein Hug, eine Mohrrübe, ein Herzchen oder sonst ein nettes Emoi. Schon mal vielen Dank an euch.
Nun schließe ich und wünsche euch bald einen guten Start in die neue Woche.
Liebe Grüße Manni, the Bearfighter
16. September 2024, Sault Ste. Marie
Nachdem ich meine Blog-Hoheit wieder zurückerlangt habe, möchte ich einiges Wissenswerte von gestern noch gerne nachreichen, denn der "Ratgeber" hat doch andere Schwerpunkte gesetzt und gesehen, als das bei mir der Fall war - aber als "Fahrer" soll er entschuldigt sein....
Wir versuchen zwar, uns alle Stunde bei der Fahrerei abzuwechseln, aber ich genieße es trotzdem sehr, wenn er mal ne Stunde anhängt und ich umso mehr draußen entdecken, fotografieren und nachforschen kann.
Schon mal was von Inukshuks gehört? Das sind genau die Dinge, die man sieht, wenn man durch diese unglaublich grandiose Landschaft von Winnipeg gen Osten fährt. Die Highways sind vor Ewigkeiten durch Felsen gesprengt und gebrochen worden (und werden bis heute ständig erneuert und sehr gut gepflegt). Die Felswände ragen die kompletten Straßen in regelmäßigen Abständen auf beiden Seiten mal höher, mal tiefer entlang. Während all der aberhunderten von Kilometern fallen an den zumeist obersten Kannten kleine Steingebilde auf, die der klassischen Form eines Inukshuks nachempfunden sind. Sie wurden bereits vor vielen 1000 Jahren von den Inuit in ihren Lebensräumen im Norden Kanadas aufgeschichtet und sollen eine Menschengestalt darstellen, die ihnen den Weg weist, um sicher ihr Ziel zu erreichen, egal ob das gute Jagdgründe waren, Wasserquellen oder abgesteckte Reisewege. Sinnübertragen stehen die Steingebilde für Sicherheit, Führung und Hoffnung.
Hunderte davon haben wir gesehen, konnten aber kaum eine davon fotografieren, denn das Anhalten auf der weiten Strecke ist nicht erlaubt. Irgendwann jedoch, je mehr wir uns damit beschäftigt haben, gaben sie uns das Gefühl des Beschütztseins und fehlten sofort, wenn mal keine sichtbar waren. Wir erfuhren irgendwann, dass es auch für andere Reisende auf diesen Strecken wichtig war, selbst Inushuks zu bauen - zum Schutz, aber auch, um einfach zu sagen: ich war da....
Wir haben gestern also eine wirklich trostlose Stadt (Thunder Bay) hinter uns gelassen. Selten habe ich mich von einem Ort und einer Unterkunft so schnell abgewandt. Deprimierend, wie man mit Fotos ein Hotel so pimpen kann.
Zimmer im Keller, bellende Hunde über uns, Aufzug neben uns, knarzende Decken rundum, pfeifender Kühlschrank im Zimmer, Muckefuck zum Frühstück - ach, wie hat man ein spannendes ehemaliges Gerichtsgebäude aus dem letzten Jahrhundert so zugerichtet.
Nach dem Frühstück düsen wir um kurz nach sieben los. Schon wieder liegen 700 km vor uns. Wir merken abends sehr wohl, wie viel das ist, aber währenddessen finden wir es unglaublich schön. Bei Temperaturen zwischen 26° und 30° C und purem Sonnenschein kann es draußen kaum schöner sein. Unfassbare Natur. Teiche, Flüsse, Seen mit und ohne Sandstrand, Berge, Ebenen, Felsen, kleine Felder, Binsen, Blüten, Bäume, groß und klein - ich kann es hier gar nicht beschreiben, wie unendlich, wie weit, wie schön es ist und uns berührt. Immer mal wieder biegen wir ab, um die Beine zu vertreten und schon wird es still und wir atmen tief die schwere, warme, duftende Luft in die Lungenflügel.
Übringens: erstmals beobachten wir, dass nicht nur Birken langsam ihre Blätter verlieren, sondern ganze Waldflächen mit dunklem kräftigem Rot überhaucht sind. Nähern wir uns tatsächlich langsam aber sicher dem Indian Summer?!
Tatsächlich sind die Straßen fast leer. Kaum werden wir mal überholt oder müssen selber überholen. Da keine Ansiedlungen über hunderte von Kilometern existieren, existieren hier auch keine Menschen. Klare, kurze Schlussfolgerung.
Wir haben bereits eins unserer angedachten Übernachtungsziele (Wawa) hinter uns gelassen, denn wir wollen schnellstens den Osten erreichen - also lieber noch ein, zwei Tage Strecke machen, als nochmals im Nirgendwo übernachten zu müssen. Leider, leider erwartet uns unser zweites angestrebtes Ziel mit einer Überraschung. Mindestens 250 km vor und hinter der nun erreichten Stadt Sault Ste. Marie existiert in der Gegend um das nördlichen Ufer des Lake Superior, einem der drei großen Seen, keine weitere Ansiedlung zum Übernachten. Abenteuer wollten wir haben, Abenteuer sollen wir bekommen. Denn - es gibt kein Bett mehr für uns in der 76 000 Einwohner zählenden Stadt. Wir klappern alle Unterkünfte ab, die wir finden können, aber überall Absagen. Leider, leider, montags kommen wohl besonders viele Touristen hierher, um mit einem besonderen Zug einen besonderen Canyon abzufahren. Und das soll bis Mitte Oktober so weitergehen. Danke für die Infos, aber langsam wird es eng. Die Abenddämmerung beginnt bald und wir wissen, wie kritisch eine Weiter- oder Rückfahrt dann wäre. Unser junger Freund aus Calgary hatte laut seinen Erzählungen dieser Tage im letzten Herbst Stunden mit seinem tot gefahrenen Opfer draußen auf der Straße ausharren müssen, bevor Hilfe kam - das arme Moose war nicht mehr zu retten...
Wir wollen also weder neben einem Elch landen, noch irgendwo auf einem Parkplatz, denn wir wüssten ja auch nicht, in welche Richtung und wohin wir sollten. So hilflos habe ich mich lange nicht gefühlt, aber ich würde letztendlich natürlich auch im Auto übernachten - wenn auch ungern. Aber die Ausdauer des Fahrers und Ratgebers trägt Früchte; mit viel Charme und Überzeugungskraft finden wir in allerletzter Minute eine Bleibe, die sogar recht schön ist: wir blicken auf die Internationale Mautbrücke, die uns mit den USA verbinden würde, wenn wir das denn wollten. Stattdessen esse ich Pazifik-Lachs auf Zedernholz geräuchert und trinken wir ein Glas allerköstlichsten Rotwein aus der Niagara Gegend. Selten hat uns ein Glas besser geschmeckt.
17. September 2024, Barrie
Sault Ste. Marie liegt schon wieder hinter uns, denn bereits um 8 Uhr fahren wir wild entschlossen der Sonne entgegen. Die großen endlosen Strecken sollen am heutigen Abend hinter uns liegen; also noch ein letztes Mal Nonstop durchbrettern.
Da wir uns ja alle Stunde mit dem Steuer abwechseln, biegen wir gegen 10 Uhr wie immer kurz rechts ab. Zumeist beginnt seitwärts unverzüglich eine Schotterpiste, aber diesmal ist die Straße erschlossen und wir folgen ihr ein paar Meter, da rechts von uns das Wasser durchblitzt. Sind wir denn schon am 2. der 3 großen Seen, am Lake Huron? Wollen wir wissen.
Aber leider endet auch diese Straße nach ca. 200 m an einem Wendeplatz. Neugierig sind wir aber schon. Also parken wir und folgen dem Glitzern zwischen den Pinien. Oje, da steht doch auf der Veranda seines einsamen Hauses direkt am Sandstrand ein Mann und winkt uns heftig zu. Waren wir vielleicht doch ein wenig zu übergriffig, als wir uns so vorwitzig genähert haben? Aber wir sind ja zu Zweit und mutig! Bevor wir jedoch weiter zögernd überlegen können, steht er schon freudestrahlend vor uns: Wayne!
Woher, wohin, natürlich. Und dann beginnt er zu erzählen, warum er hier wohnt, wie oft, was er hier alles tut, wie er es tut, was er sonst so treibt und und und. Er lässt keine Pause zu, um zu verhindern, dass wir gehen. Überaus freundlich und wie beste Freunde bewundern wir, was er aus dem Grundstück gemacht hat, wie viele Pinien er gefällt und auch gleich hier in seinem selbstgebauten Sägewerk verarbeitet hat, welche Tiere er aus alten Materialien zu Kunst umfunktioniert hat, wie viele Kiesel er herbeischaffte, um die Mauern ringsum zu bauen, die Autos und Maschinen, die er in seiner Maschinenhütte untergebracht hat (einen amerikanischen Quad muss Manfred mit herausschieben, damit wir ihn in voller Größe bewundern können), das Schild, welches er vor kurzem am Grundstück hat machen lassen, den Wald, den seine Schwiegermutter 1985 schon gekauft hat, um das Grundstück vor dem Lärm des Highways zu schützen, der Nachbar, der mit 94 verstorben ist, und und und
Zum Schluss führt er uns vor, wie er ein kleines Streifenhörnchen so auf Erdnüsse trainiert hat, dass es ihm aus der Hand frisst - apart.
Wir sind platt, aber von Waynes Begeisterungsfähigkeit voll angesteckt. Das hat Spaß gemacht und läßt uns beschwingt weiterziehen.
Wir können kaum glauben, dass der Tag genauso schön weitergeht wie gestern. Die Sonne strahlt bei 28° bis 30° C am blauen Himmel (Grüße nach Freiburg und an den Bodensee!) und läßt natürlich alles in einem Licht erscheinen, bei dem wir diese Postkartenidylle nicht prächtiger beschreiben könnten. Bizarre Flußläufe wechseln sich permanent mit Seerosen bedeckten stillen Seen ab, aus denen verkohlte, abgestorbene Baumstämme herausragen und spiegelbildlich perfekte Schatten werfen. Hin und wieder schwebt ein Adler (glauben wir) über die immer bunteren Wälder oder schlagen Kanadagänse in immer dichteren Gruppen mit ihren Flügeln um die Wette, denn sie sammeln sich für den Weiterflug in wärmere Gefilde. Sie lassen sich auf großen Feldern nieder und picken die letzten Körner auf, um sich kräftemäßig zu wappnen.
Dass wir uns dem Osten deutlich nähern, merken wir nicht nur daran, dass immer mehr Ahornbäume in ihrem wundersam tiefen Rot am Wegesrand erstrahlen, sondern auch daran, dass der Highway dichter befahren ist, dass die Autos schneller werden (bisher ist Stunde um Stunde kaum jemand über 90 bis 100 km/h gefahren, aber jetzt gerne mal 130, was locker 300 Dollar kosten kann) und vor allem daran, dass häufiger Gehöfte sichtbar sind, kleine Ortschaften gestreift werden und sich die Tankstellendichte erhöht (vorher waren 300-400 km tankstellenfrei).
Die Vorgärten sind gepflegt, Schuppen stehen aufrecht und Dutzende von Rostlauben sind nicht mehr im Garten neben- oder übereinander drapiert.
Obwohl wir uns regelmäßig abwechseln und obwohl die Umwelt für uns beide ein Labsal für die Seele darstellt und wir an jeder Ecke etwas Neues entdecken (zB die Amish, die mit ihrer Kutsche und dem Pferd neben dem Highway entlang traben oder mit dem Kinderwagen, der wie ein Milchwagen aussieht, ebenfalls dort entlangspazieren), sind wir doch froh, am Lake Simcoe angekommen zu sein, einfach eine Kräftefrage. Wir beziehen nun für ein paar Tage eine feste Unterkunft am Big Bay Point und wollen von hier aus in die Himmelsrichtungen ausschweifen, in die es uns ab morgen ziehen wird. Ankommen war für heute das wichtigste Ziel. Done!
18. September 2024, Innisfil, Thornbury
Wie gut tut es, einfach mal auszuschlafen!
Erst heute haben wir die Muse, uns ein wenig auf der Landkarte zu orientieren. Na klar, hier waren wir ja schon mal vor über 10 Jahren und die Gegend ist auch der Grund, weshalb wir uns überhaupt für Kanada als Reiseland entschieden haben. Daher ist auch schnell entschieden, alte Erinnerungen aufzufrischen. Auf der Landkarte erscheint Collingwood nah und auch Thornbury, die malerische Stadt nicht weit davon entfernt, erscheint wie um die Ecke gelegen. Als wir die Orte jedoch ins Tom Tom eingeben, steht da schon wieder etwas mit 80 km. Das wollten wir so nicht, aber ach, egal. Also sitzen wir erneut in unserer Kutsche und lassen uns den Sommer- bzw. Herbstwind um die Nase wehen. Eigentlich fahren wir hauptsächlich an der Küste der Georgian Bay entlang, der Bucht mit den unzähligen Inseln in der Ferne (so ca. 30 000). Der See liegt mucksmäuschenstill vor uns, als würde er den Atem anhalten. Die Sandstrände sind fast menschenleer und die dazwischen geworfenen runden Felsblöcke rufen: Komm, wir sind sonnengetränkt, setz dich, stell deine nackten Füße auf uns, wühle die Zehen in den warmen Sand dazwischen, lass dir das nicht entgehen! Wer erwartet anderes, natürlich lassen wir uns das nicht entgehen.
Manfred wirft sich sogar in das angenehm warme Wasser und schwimmt ein paar Züge hinaus. Danach darf die Sonne die Badehose wieder trocknen.
Bald erreichen wir Thornbury. Als ob wir nicht weg gewesen wären, besuchen wir wie selbstverständlich das Café Ashanti. Dort waren wir vor vielen Jahren mindestens 2x, um unser Handy an öffentliches WiFi anzuschließen - das gab es damals sonst noch nirgends und der Kaffee dort war der einzig genießbare weit und breit. Und heute? Hat sich NICHTS verändert. Wir sitzen gemütlich draußen und schlürfen fantastischen Kaffee. Herrlich!
Damals waren wir so bezaubert von den Blue Mountains, dass wir sogar planten, ein Jahr eine komplette Auszeit zu nehmen und uns in eines der herrlichen Häuser am Huronsee in der Gegend von Thornbury einzumieten, zu arbeiten, ein Buch zu schreiben, what ever. Wir wollten Familie und Freunde einladen, jederzeit vorbeizukommen, uns monatsweise zu besuchen und die Zeit gemeinsam zu genießen. Wir haben ernsthaft gesucht, aber das ideale Haus nicht gefunden. Wer gibt auch solche Anwesen einfach so frei?!
Nach ein paar Erinnerungsrunden machen wir uns beschwingt auf den Rückweg in unser Resort, wo wir den Abend im Hafen beim Bierchen ausklingen lassen. Gerne bis morgen!
19. September 2024, Innisfil
Es gibt Tage, da weiß man genau: das wird heute nix.
Und genau so geht es mir, aber auch Manfred. Die letzte Woche liegt uns wahrscheinlich noch in den Knochen. Umso besser, momentan einfach nur da-zu-sein.
Wir beschließen also, eine kleine Wanderung durch den Wald, der direkt vor unserer Haustüre liegt, zu unternehmen. Anschließend fahren wir ins benachbarte Barrie und lassen uns im Info-Zentrum, idyllisch direkt am Ufer der Georgian Bay zu finden, beraten, wo wir denn die nächsten Tage schöne Dinge erleben könnten.
Ganz ruhig endet dieser Tag.
Für heute gibt es daher "nur" wunderschöne Einblicke in Flora und Fauna unserer direkten Umgebung ;-)
20. September 2024, Algonquin-Nationalpark
Ich wusste es - heute wird ein guter Tag.
Nicht nur, weil der letzte Sonnentag angekündigt ist, nein, sondern weil wir zugelassen haben, dass wir den gestrigen haben einfach ziehen lassen - akzeptierend, dass auch Tiefs ihren Raum brauchen.
Heute wollen wir uns zwischen dem längsten Süßwasserstrand der Welt und dem sonnenbestrahlten Farbenspiel des Indian Summer entscheiden. Die Wahl fällt auf den Algonquin-Nationalpark und gegen den Wasaga Beach. Denn nur noch heute haben wir diese Chance, den Rot-Ahorn im tiefen Rot mit dem leuchtenden Orange und strahlenden Gelb des Zucker-Ahorns, der Birken und der Eichen im Sonnenlicht spielen zu sehen. Die Farbexplosionen beginnen tatsächlich erst, also wir mitten im Park gelandet sind. Vorher ist es möglich, immer mal wieder links und rechts abzufahren, um einen der Seen zu besuchen und versteckte, überraschend schöne Geheimplätze zu entdecken, aber im Park gibt es das nicht mehr. Dort sind nur ausgewiesene Wege begehbar, ansonsten würde ich mich hüten, "unerforschtes" Gebiet zu betreten. Den Peck-See umrunden wir komplett, aber ich muss gestehen, dass ich oft angstvolle Blicke auf die Seiten werfe, wenn es raschelt oder kleine Schreie von unbekannten Tieren ausgestoßen werden. Auch als Manfred plötzlich: "Achtung, Schlange!" ruft, bubbert das Herz. Aber die Neugierde siegt. Schritt für Schritt nähere ich mich und beobachte fasziniert das grüne schlanke Reptil. Es hat sicherlich eine Länge von 70 cm und ist in seiner Umgebung fast unsichtbar. Die Bewegung aber verrät es. Wahrscheinlich hat es uns wahrgenommen, denn es entfernt sich lässig in langsamen geschmeidigen Bewegungen. Bin schon sehr froh, dass es sich nicht bedroht fühlt, denn noch wissen wir nicht, dass es sich "nur" um eine harmlose Strumpfbandnatter handelt.
Selten hört man den Ruf eines Vogels, aber immer wieder raschelt es über unseren Köpfen. Auch jetzt sind wir erstaunt, dass es sich um harmlose Eich- oder Streifenhörnchen handelt, die wenig Scheu erkennen lassen und immer mal wieder über den Weg hüpfen.
Für das Betreten der Nationalparks in Kanada muss man Gebühren bezahlen. Als Manfred seinen Obulus übergibt, fragt die Dame im Info-Zentrum, ob Deutschland mittlerweile ausgestorben wäre. Auf Manfreds verblüffte Frage, weshalb sie das denn annähme antwortet sie: "weil 90 % aller Besucher im Algonquin-Park Deutsche sind!" Oh nein! Nicht schon wieder! Aber wir merken es selbst: bei den kleinen Wanderungen, die man hier mal auf die Schnelle tätigen kann, bleibt es nicht aus, dass einem in der tiefsten Einsamkeit und Abgeschiedenheit andere BesucherInnen auf teils wirklich schmalen Wanderwegen begegnen. Wer blickt jeweils exakt im 35° Grad Winkel an dir vorbei, als wärest du Luft? Wer verliert kein einziges Wort (zB des Grußes), während sie oder er fast deinen Arm streift, wenn sie oder er an dir vorbeiziehen muss? Nicht der Inder, der mich sofort fragt, ob sich der Weg lohnt oder die Britin, die findet, dass das Wetter heute doch unglaublich schön ist oder die Kanadierin mit ihrem Mann, die uns beide einen schönen weiteren Rundgang wünschen und sich für das Zeigen der Natter überschwänglich bedanken.
Sicher, wir werden nicht mehr auswandern, die Zeiten sind vorüber, aber wir werden immer daran denken, wie anders man in vielen Teilen der Welt miteinander umgeht; umgehen kann, wenn man es nur will.
Zurück zum Indian Summer. Die Nachmittagssonne steht nun schräg und beleuchtet den Mischwald des Parks so eindrücklich, als ob sie uns sagen will: für heute alles richtig gemacht!
Übrigens: in Kanada existieren über 800 Baumarten! Bei uns: 50.
Da wir heute unseren letzten Übernachtungswechsel (übrigens innerhalb dieses wunderschönen Resorts) vollzogen haben, gestatten wir uns nun ein letztes Getränk am Hafen und beschwören dabei die alten Wettergötter, die angekündigten Regenwolken doch bitte an uns vorüberziehen zu lassen.
21. September 2024, Sainte-Marie among the Hurons
Die Wettergötter sind uns extrem wohl gesonnen. Das muss man ihnen lassen. Regen und grauer Himmel waren angekündigt. Sonne, Wärme und hin und wieder weiße Wölkchen sind es geworden. Vertraut habe ich den Angeflehten von gestern nicht wirklich, ich gestehe, dafür muss ich jetzt aber büßen. In meinem Pullover fühle ich mich unter den Top-Trägerinnen heute völlig fehl am Platze, aber ausziehen geht halt auch nicht.
Gestern noch sprach ich vom größten Süßwasserstrand der Welt, aber den lassen wir heute schon wieder links liegen (im wahrsten Sinne des Worte), denn wir gehen ja am Morgen noch von schlechtem Wetter aus. Also fahren wir heute nur 70 km gen Norden; ist für uns ja ein Katzensprung. Wir rechnen nicht mehr in Strecken, die um die Ecke liegen, sondern, ob wir 100 oder 200 km fahren müssen - erschreckend, wie schnell man hier umswitcht. NICHTS lässt sich ohne Auto erledigen. Die Abhängigkeit ist enorm, denn alles, was man benötigt ist mindestens 20 - 30 km entfernt, egal ob Arbeitsplatz, Schule, Ärzte, Einkaufsmöglichkeiten, Kultureinrichtungen etc. Weshalb kleine Autos dabei nicht mehr ausreichen, haben wir jetzt auch kapiert. Die alles dominierenden Pick-ups in diesem Land transportieren dabei nicht nur die Kiste Wasser und 1-2 Einkaufstaschen; da muss der Vorrat leicht einmal für 2-3 Monate reichen, wenn man an die überaus harten Winter denkt. Außerdem schaffen es oft nur Pick-ups, die Schotterstraßen ordentlich zu bewältigen; auch das haben wir hinlänglich häufig bei unseren Abstechern erlebt. An Klimawandel denkt hierbei niemand, zumindest was die Autos und den Plastikmüll betrifft. Plastik findet sich in den Supermärkten auch überall, Bioprodukte dagegen so gut wie nicht (zumindest dort, wo wir einkauften).
Nun zurück zu unserem Tagesvorhaben: wir haben uns ein Heritage Village ausgesucht, welches uns in Barrie empfohlen worden war. Nicht weit vom Südufer der Georgian Bay entfernt entsprechen die beim Städtchen Midlands wieder aufgerichteten Gebäude der ursprünglich ersten französischen Jesuiten Mission überhaupt (1639).
Nach einem einleitenden Film fällt es uns wie Schuppen von den Augen - hier waren wir ja auch schon einmal! Damals hat uns Beverley Smith, die kanadische Künstlerin hierher geführt. Aber was macht das schon?! Nach 10 Jahren hat dieser Ort nun die Chance, weitere Geheimnisse preis zu geben und wir die Chance, unser Wissen aufzufrischen. Ich erinnere mich auch tatsächlich wieder ganz genau an viele Details und freue mich über den Geruch von brennenden Holzscheiten, der die Langhäuser der damaligen indigenen Wendat/späteren Hurons getränkt hat.
Die Gemeinschaft der Jesuiten versuchte damals, die indigene Bevölkerung zum christlichen Glauben zu bewegen, was ihr auch angeblich zu einem großen Teil gelang. Sie bewehrten das kleine Dorf mit hohen Palisadenzäunen, um es vor Übergriffen zu schützen. Darin reihten sich Kirche, Langhäuser, Werkstätten, Krankenhaus, Ställe und diverse sonstige Gebäude aneinander. Hier lebten sie während der nächsten 10 Jahre in regem Austausch miteinander. Bald aber wurde die indigene Bevölkerung zunehmend von eingeschleppten Krankheiten der weißen Neusiedler, gegen die sie keine Abwehrkräfte hatten, geschwächt und zum großen Teil dahingerafft. Ein weiterer bedrohlicher Aspekt war die zunehmende Feindschaft der zu jeglicher Gewalt bereiten Irokesen, die ihre Gelegenheit sahen, die Stämme der Huronen niederzuschlagen. In dieser äußerst prekären und scheinbar aussichtslosen Situation entschieden die Jesuiten, die Gemeinschaft zu verlassen und die gesamte Ansiedlung niederzubrennen. Was auch geschah. Gemeinsam mit einigen Huronen flohen sie auf benachbarte Inseln und letztendlich nach Quebec.
Ausgrabungen, die z.T. im angeschlossenen Museum zu sehen sind, machen das Alltagsleben der Jesuiten und indigenen Bevölkerung deutlich. Auch kostümierte Guides stehen zu allen Fragen zur Verfügung und geben spannende Einblicke in das damalige Leben. So lernen wir auch die schwarzen Schweine und Kühe kennen, die hier gehalten werden und wohl denen aus vergangenen Tagen ähneln. Natürlich auch von den Europäern damals "eingeschleppt".
Ein erfülltender Besuch ist das heute gewesen, das muss ich sagen. Wie ein Kajak komplett aus Birkenrinde gebaut wird weiß ich jetzt, dass die Dächer mit breiten Baumrinden eingedeckt wurden auch und dass sich ein echtes Bärenfell ganz schön rau und struppig anfühlt, ebenfalls.
Sollten wir jetzt nicht doch an den längsten Süßwasserstrand der Welt fahren, um uns zu erholen?! Mit meinem Pullover auf der Haut wünsche ich mir das nun mehr denn je.
Bei der Ausfahrt vom Parkplatz fällt uns ein Hinweisschild ins Auge: "Welcome to Wye Marsh Wildlife Centre". Nur 200 m entfernt kann man ja mal schnell auf diesem unscheinbaren Weg
vorbeifahren, parken, aussteigen, schauen, was es dort gibt - und bleiben.
Liebenswürdig wie immer erklärt man uns an der Kasse, was uns erwartet, wo wir zuerst hinlaufen sollten, welche Tiere momentan am ehesten anzutreffen sein könnten (wenn wir Glück haben) und schon sind wir drin.
Also in einem Naturschutzgebiet. Wir sprechen es deutlich aus: sieht ein wenig ungepflegt aus nach den ersten Schritten. Sollen wir bei dieser Hitze wirklich weiterwandern? Der Tipp ist ja, direkt über die Stege inmitten der Binsenlandschaft durch die Feuchtbiotope zu laufen. Ok, zwar sind so gut wie keine weiteren Besucher zu sehen, was uns stutzig macht, aber der kleine Wald weitet sich jetzt und es erscheint wie beim Zurückziehen eines Theatervorhangs beim 1. Akt eine ungemein bezaubernde Kulisse. Helle Holzstege führen ins Binsennichts und wir folgen ihnen einfach, weil es jetzt so sein soll. Leise, wie auf Zehenspitzen, denn wir wollen ja in dieser feinen Stille das ein oder andere Tierchen hören. Unter uns befindet sich stehendes Gewässer, welches zum Teil auch mit geführten Kajaktouren befahren werden kann. Heute aber ist es wirklich einfach nur stehend und still. Ab und zu gurgeln kleine Sauerstoffbläschen hoch, aber wir erblicken nur winzige Minifischlein, die vorbeihuschen. Oh, das ist doch kein Fisch, da vorne sehe ich eine schwarze Schildkröte, die kurz Luft an der Oberfläche schnappt und dann wieder abtaucht. Sie ist eine der wenigen noch wild lebenden und überhaupt existierenden Schildkröten, denn diese Tiere sind, wie so viele andere, durch bewusste Austrocknung von Land ("Urbarmachung") und durch andere Ursachen vom Aussterben bedroht. Das ist neu für mich. Aber weiter geht es. Kleine und große Libellen begegnen uns, Grashüpfer, Streifenhörnchen, ein von einem Biber angeknabberter Baumstamm und scheue Vögelchen, von denen wir annehmen, dass sie mehr einem Spatz ähneln, als einem anderen seltenen Piepmatz.
Enttäuscht? Bei Weitem nicht! Allein durch solche Feuchtgebiete einmal laufen zu können, ist schon großartig. Gewöhnlich steht man an einem Ufer und hört das Schilf rauschen; hier ist man jedoch mittendrin. Und da wir uns tendenziell im Herbst befinden, verstehe ich, dass wir jetzt keine brütenden, zwitschernden, turtelnden, knabbernden oder quakenden Tiere mehr hören oder sehen können. Die Farben und Düfte reichen mir völlig aus.
Am Ende aber gibt es doch noch eine kleine Überraschung: Lucy, eine 39-jährige Schildkröte darf heute ein letztes Sonnenbad auf der Wiese am Ausgang nehmen und die Pflegerin erzählt uns noch so ein bisschen über ihr Leben. Wenn man tief in die klaren Augen des runzeligen Reptiliengesichtchens schaut, wünscht man sich zu wissen, was sie denken würde, wenn sie könnte.
Aber genug für heute. Wir wünschen uns, "zuhause" anzukommen, unsere restliche Suppe von gestern aufzuwärmen und gemütlich draußen auf der Terrasse den Abend ausklingen zu lassen - und machen das auch.
Ach Gudrun, apropos Hörnchen - bist du noch im Frankreich-Modus? Meintest du die leicht gebogenen, die man auch Croissant nennt?
22. September 2024, Wasaga Beach, Creemore
Wenn uns schon die Sonne hinterher läuft, dann soll sie ihren Willen auch bekommen: heute morgen fahren wir endlich an den längsten Süßwassersandstrand der Welt.
Das Südufer der Georgian Bay wird von einem herrlichen 14 km langen Küstenstreifen voller weichem, weißem Reliktsand abgegrenzt, bei dem sich die Handvoll Besucher, die auch an den Wasaga Beach gekommen sind, sofort fallen lassen, um am heutigen Sonntag entspannt abzuschalten. Vereinzelt sitzen sie aber auch mit Stuhl im Wasser oder komplett bekleidet in ebendemselben, um Wasserburgen zu bauen. Einer dann läuft mit seiner blau/weiß gestreiften Badehose so weit hinaus, dass man ihn kaum noch erkennen kann. Wohlgemerkt, er läuft. Und läuft. Und läuft. Mit Schwimmen ist wohl nix heute, aber in einem solch unendlich weiten Gewässer einfach nur vor sich hin zu waten, ist sicher auch eine Erfahrung für sich.
Da es mittlerweile wieder sehr heiß geworden ist (27°C), ziehen wir am frühen Nachmittag weiter. Reagieren die Wettergötter nun doch ein wenig düpiert? Es scheint so, denn zarte Wolken verdichten sich zunehmend und eine Stunde später ist der Himmel in Grau getaucht.
Solange uns der Regen erspart bleibt, stört mich persönlich die leichte Abkühlung nicht. Aber die Bauern ringsum reagieren. Überall sind Staubwolken auf den Feldern zu sehen, die von den Erntemaschinen und Traktoren aufgewirbelt werden. Die Strohballen sind längst in den riesigen Lagerhallen aufgestapelt - das sah letzte Woche noch ganz anders aus. Also herbstelt es jetzt auch hier sehr deutlich.
Langsam nähern wir uns Creemore, einem kleinen Ort nicht weit entfernt von den Blue Mountains. Dieses Dörfchen haben wir gezielt angesteuert, denn auch hier liegt um die Ecke eine Erinnerung an einen vergangenen Besuch. Sehr verklärt sprachen wir in den letzten Jahren immer wieder einmal von dieser hier besuchten Bierbrauerei, die, aus reinem Quellwasser gespeist, ausgesprochen köstliches Bier braut-e. Hält es heute noch, was es damals versprach? Genau das wollen wir wissen, und erhalten von einem aufgekratzten jungen Brauer 3 kleine Samples. Sehen die Farben auf dem Foto nicht aus wie ein der Indian Summer in Flüssig? Wir haben Spaß, in dieser wirklich schönen Brauerei im kleinen Biergarten zu sitzen und die Gebräue zu testen. Aber mehr als lecker sind die Biere nicht. Also nehmen wir nur ein paar Oktoberbier-Spezial in der Dose und kehren zurück.
Wen es interessiert: heute gibt es kleine bunte gekochte Kartöffelchen mit Butter und Salz und dazu lecker Salat. Und Dosenbier.
23. September 2024, Toronto
Langsam habe ich das Gefühl, dass auch ich herbstele. Gut, in der Nacht hat es leicht geregnet und die Morgenstimmung ist entsprechend gemütlich entspannt, aber auch meine Augen sind morgens nicht mehr so schnell offen und tagsüber werden die Lider öfter schwer, die bisher ungenutzten Jacken werden aus dem Koffer gezogen, weil es hin und wieder fröstelt und immer häufiger kommen die Gedanken an Zuhause. Naja, so eine Reise ist halt schon auch kräftezehrend. Jeden Tag erleben wir Dinge, die neu und überraschend sind. Die Eindrücke prasseln eigentlich ununterbrochen auf uns ein und ich muss gestehen, dass ich das auch begierig aufnehme, aber es kostet nun mal Kraft. Wir leben nicht im Alltagsmodus und überlegen uns täglich neu, was wir unternehmen wollen.
Da der Himmel bedeckt ist, nehmen wir uns darum die größte Stadt Kanadas vor: Toronto (inkl. Umfeld leben hier ca. 6,8 Millionen Einwohner). Zwar nur ca. 100 km von uns entfernt, müssen wir uns wirklich konzentriert auf den Autoverkehr fokussieren. Der hat nämlich enorm zugenommen. Von wegen gemächliches entspanntes Fahren - hier wir gerast, links und rechts überholt, geschnitten und ausgebremst wie im feinsten Umfeld von beispielsweise München ;-)
Schlau wie wir sind, haben wir uns den nördlichsten Punkt des Hop-on Hop-off Busses ausgeguckt und am Casa Loma, einem Fake-Schloss, einen Parkplatz ergattert. Ich würde es mit Schloss Neuschwanstein vergleichen, erbaut, um ein wenig Prunk zu verbreiten und heute Millionen durch Tourismus etc. einzubringen.
Statt das Gebäude zu besichtigen, nehmen wir lieber den Bus und lassen uns von einem Guide die Stadt erklären. Wusstet ihr, woran ein echter Ureinwohner Torontos Touristen erkennt? Ganz simple: wenn er das Wort Toronto ausspricht und dabei das 2. "T" (wie T-ourist) benutzt! Bitte verschluckt es künftig und das "O" gleich mit oder nuschelt so ein bisschen und macht ein "e" daraus. Sowas wie Toron-e..... Dann gehört ihr quasi dazu.
Auch die kanadische Hauptstadt Ottawa heißt in Wirklichkeit "Ottowa", nur damit ihr das gleich auch wisst!
Toronto (aus der Sprache der Huronen: Ort der Begegnung) entpuppt sich als lebendige, bunte und sehr abwechslungsreiche Mega-City. Wir streifen Straßenzüge mit romantischem Dorfcharakter und britisch-viktorianischem Flair in Parks mit uraltem Baumbestand, dann wieder architektonisch anspruchsvolle, höchst moderne Tower, die Büros, aber auch Wohnungen beherbergen, kurz darauf Baulücken, in die sich flugs zusammengezimmerte asiatische Buden eingeschmiegt haben, in denen sich Studenten der benachbarten Uni TMU (Toronto Metropolitan University) mit günstigem Mittagessen versorgen. Daneben sehen wir aber auch wirklich heruntergekommene Gegenden, die völlig vergessen wirken. Niemand bessert hier Bürgersteige aus, sammelt Müll ein, streicht die zerborstenen Holzfassaden. Und überall die Menschen, die sichtlich erschöpft, betrunken, bekifft eingesunken an Laternenpfählen sitzen oder liegen.
Spannend sind die immer wiederkehrenden Kontraste von spiegelnden Glasfassaden moderner Komplexe mit den übrigens auch einmal imposanten Bauwerken aus viktorianischer Vergangenheit. Ursprünglich nannte sie die Stadt nach dem britischen Vorbild "York" und hat auch heute viele Straßen mit dieser Bezeichnung betitelt. Britisch ist hier sicherlich noch einiges, aber mich beeindruckend eher die Internationalität. Am Yonge-Dundas Square (vergleichbar mit dem Times Square in NY oder Piccadilly Circus in London) mit den blinkenden und Filme abspulenden Werbefassaden an den Hauswänden verlassen wir den Bus, um uns ins turbulente Leben zu stürzen, das hier offensichtlich herrscht. Sogleich spricht uns ein perplexer Amerikaner von hinten an der Fußgängerampel an, einfach so. "I thought that people in NY would be crazy - but that here ...." Da fehlen auch ihm die Worte.
Und wirklich, schon beim Überqueren der Kreuzung, wo man in alle Richtungen - auch quer - passieren kann, bleibt mir (zumindest innerlich) der Mund offen stehen. Alle Nationalitäten kommen mir entgegen, jung, alt, bunt, grau, gekrümmt, gerade; jedenfalls so, wie es einem innerhalb dieser paar Sekunden sonst nicht unbedingt begegnet. Und das gefällt mir gerade sehr gut. Wir folgen der Straße und kommen an der bereits erwähnten TMU an. Schon wieder dieser kunterbunte Mix von jungen Leute, die zielstrebig auf ihrem Unigelände umherlaufen. Wir lassen uns auf einem Mäuerchen nieder, um das Treiben zu beobachten. Eigentlich würde ich am liebsten nicht mehr weggehen, denn so viele unterschiedliche ethnische Gruppen an einem Fleck sehe ich selten. Internationalität prägt eindeutig das Bild der Metropole.
Muss ich erwähnen, dass sich während der Fahrt die Sonne durch die Wolken drängt? Eine kurzen Gruß nach oben, aber dann treten wir die Rückfahrt an. Vom Casa Loma aus sollten wir den Innenstadtverkehr, der sowieso höchst überschaubar war, ja locker vermeiden können. Denken wir. Eines haben wir nicht bedacht: Die Rush Hour.
Sowohl in die Stadt hinein als auch hinaus sehen wir bis zum Horizont reichend geschmeidig fließende Autolawinen - auf jeweils 6 bis 8 Spuren in EINE Richtung. Unfassbar. Im zweitgrößten Land der Erde leben nur 40 Millionen Einwohner und offensichtlich haben diese meinem bestürzten Empfinden nach nur einen Gedanken: Toronto. Egal ob rein oder raus. Leider bleibt der recht dichte Verkehr bis fast nach Barrie bestehen und das kostet Nerven.
Am Ende aber haben wir es geschafft. Jetzt darf von mir aus auch der Regen gerne fließen. Die Wettergötter sind bisher so geduldig mit uns gewesen...
24. September 2024, Innisfil
So, heute Nacht sind die uns wohl gesonnenen Wettergötter den anderen fiesen unterlegen. Ich wache mit Regen auf und werde mit Regenandrohungen zu Bette gehen - da ist heute der Wurm drin. Aber na ja, das schaffen wir - genießen wir den Tag halt zuhause, lesen, arbeiten, gehen ne Runde spazieren, besuchen die Hafenkneipe, wo man uns schon kennt (und mir ein Bier spendiert) und besorgen uns einen schönen Wein für heute Abend. No problem.
Hauptsache, der Fight da oben wird heute Nacht wieder für uns entschieden.
25. und 26. September 2024, Barrie, Niagara
Leider haben uns die Götter einen erneuten Ruhetag verordnet. Deshalb haben wir gestern während einer Regenpause entschieden, doch wenigstens Barrie zu besuchen, die Stadt, die wir täglich zu unseren unterschiedlichen Zielen queren müssen.
Oje, wie traurig auch hier die ersten Eindrücke. In der Mittagszeit ist kaum jemand zu sehen. Ein paar Gestalten sitzen in den Ecken. Die Hausfassaden und das, was wir manchmal dahinter erblicken, ist heruntergekommen und lässt nur manchmal erahnen, dass hier einst einmal ein anderes Leben geherrscht hat. Daneben blicken Hochhäuser auf den Lake Simcoe, der an einem sehr schön gestalteten Park liegt. Einen Kaffee hätten wir uns gerne gegönnt, finden jedoch tatsächlich nirgends ein Café. Das ist in Kanada übrigens ein grundsätzlich schwieriges Unterfangen. Als Kaffeeliebhaberin fand ich schnell heraus: diesbezüglich haben wir uns das falsche Land ausgesucht. Mit Kaffee hat man hier rein gar nichts am Hut. Bei unserem französischen Bäcker vor Ort genossen wir so etwas wie Capucchino für lockere 9 kanadische Dollar pro Tasse, bei sonstigen Tankstellen, Supermärkten oder Kaffeezapfstellen ca. 1,05 Dollar für einen großen Becher dunkelbrauner herber Brühe, die einen rauen Gaumen und gespitzte Lippen hervorruft. Dazwischen gibt es wenig. Schade, dass sich die Vorurteile so "bitter" bestätigt haben ;-)
Gut, der gestrige Tag sollte wieder in Friday Harbour enden, wo wir noch einen schönen Spaziergang genossen und den Abend in unserer persönlichen Kneipe.
Also schnell nun zum heutigen Tag.
Wenn wir die Augen aufschlagen und der Himmel uns ein Abschiedsgeschenk in strahlendem Blau offeriert, dann bedanken wir uns mit einem Glücksgefühl. Die letzten Tage waren teilweise wirklich diskussionswürdig und daher freuen wir uns, einen letzten Wunsch von Manfred erfüllen zu können: noch einmal die Niagara-Fälle zu bestaunen.
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Anna (Mittwoch, 04 September 2024 15:52)
Wie immer ist es eine große Freude, sich von deinen Erzählungen einfangen zu lassen, liebe Mama, es ist fast so, als sei man selbst dabei!
Matthias (Mittwoch, 04 September 2024 17:00)
Hallo ihr Beiden!!
Sieht wirklich sehr sehr schön und auch aufregend aus!!!
Lasst es euch gut gehen, passt auf euch auf und lasst die Bären� , Wale � und Koibris nicht zu nah an euch ran ��
Werden euch weiterhin aus der Ferne begleiten!!!
Peter (Donnerstag, 05 September 2024 14:19)
Ich kann Anna nur zustimmen,
Deine Erzählungen sind wirklich mitreißend und fesselnd. Zusammen mit Bildern kann man sich sehr gut in eure Erlebnisse eintauchen.
Wünsche euch weiterhin viel Spaß und weniger deutsche Touristen !
Gudrun (Donnerstag, 05 September 2024 15:23)
Ihr Lieben,
zum Thema Rehe: als ich vor vielen Jahren in der Nähe von Vancover Island war, hatte ich auch immer eine Rehfamilie vorm Küchenfenster und war fasziniert, wie zutraulich und entspannt sie waren. Unser einheimischer Nachbar meinte: Um ein Reh zu erlegen, brauchst du in dieser Gegend einen Apfel und einen Hammer
:-(
Böser Mann....
Have fun ihr Lieben!
Birgit (Donnerstag, 05 September 2024 21:09)
Viel schöner geht’s ja nicht!
Lasst es euch weiterhin gut gehen und habt eine schöne und ereignisreiche Zeit.
Ganz liebe Grüße aus Meran
Birgit
Gudrun (Freitag, 06 September 2024 21:40)
Wonderful :-)
Gudrun (Samstag, 07 September 2024 11:29)
Nach euren Impressionen von Zedern- und Cannabisduft stellt sich mir nun die Frage: Sind die Kanadier:innen wegen der Zedernduft- oder wegen der Cannabiswolken so entspannt und freundlich? Falls es das Letztere ist: Da wäre nach der Legalisierung von Cannabis in Deutschland ja doch noch Hoffnung!
I have a dream: freundliche entspannte Deutsche - all over the world....
Ihr macht da ja glücklicherweise einen guten Anfang :-)
Alexandra (Samstag, 07 September 2024 15:04)
Hallo ihr Lieben, was für magische Worte und Erzählungen!
Noch nie war ich in Kanada aber es fühlt sich an als wäre man dabei!
Weiter so, es macht so Spaß euch zu folgen!
Viel viel Freude und spannende Erlebnisse weiterhin !
Liebe Grüße
Gudrun (Montag, 09 September 2024)
Wieder wunderschöne Bilder mit lebendigen Beschreibungen - wir sind bei euch :-)
Was mich sehr beschäftigt, sind die Rules for Teachers, die du fotografiert hast, Claudia.
Okay, dass Lehrerinnen, sobald sie heiraten, entlassen werden - das macht total Sinn (Haushalt, Ehepflichten und Beruf - das geht natürlich gar nicht, das ist ja schon bewiesen). Aber warum dürfen Lehrer sich nicht beim Friseur rasieren lassen? Ist es unanständig? Anstößig? Rausgeschmissenes Geld? Oder vielleicht lässt es auf Faulheit schließen?
Puh - das sind echte Rätsel...
Und Claudia: du stehst da sehr lässig in einem Drug - Store. What are you doing there?!?!?
Gudrun (Freitag, 13 September 2024 00:31)
Ihr Lieben,
kann es sein, dass Calgary nicht so der Burner ist?
Hochhaustristesse, kein Park und nix, eingepferchte Tiere, schlechtes Bier trinken und währenddessen Warten auf eine Professur.
Bleibt ihr lange?
Mamo (Montag, 16 September 2024 13:04)
Sehr schöne Eindrücke !
Anna (Montag, 16 September 2024 14:02)
Gelesen, zwei blaue Haken! �
Hanne (Montag, 16 September 2024 15:11)
Liebe Claudia und lieber Manfred (Diener)
Jeden Tag bin ich voller Begeisterung mit Euch unterwegs und freue mich mit Euch an dieser schönen Reise. So einen Bären kenne ich nur von Hagenbeck - einen Unfall allein im Kanadischen Wald möchte sich niemand vorstellen. Das ist ja ein echtes Abenteuer!
Habt weiter viel Freude und bleibt schön gesund…. Liebe Grüße auch von Yoko (in Japan) und besonders von mir ����
Birgit und die Gauf‘s (Montag, 16 September 2024 19:32)
In Gedanken sind wir bei euch.
���
Gudrun (Montag, 16 September 2024 20:06)
Ihr Lieben, Ihr Bärenbezwinger, Fotografinnen, Tapferen und Mutigen,
ich wünsche euch von Herzen, dass die nächste Stadt euch freundlich, sonnig, lebendig und ohne Drogenabhängige auf den Straßen empfängt!
Nun kommt ja der französische Teil. Parliert ihr jetzt in francais? Das wird sicherlich superb.
Und seid gewiss: In Deutschland begleiten euch am PC super liebe nette Menschen.
Gute Fahrt euch und viele schöne Erlebnisse noch!
Peter (Dienstag, 17 September 2024 12:35)
Hört und liest sich, als gewinnen bei euch so langsam die Urinstinkte die Oberhand gegenüber dem verwöhnten zivilen Alltag.
Hervorragende Teamarbeit ��
Gudrun (Dienstag, 17 September 2024 23:31)
Hey, ihr Reisenden,
in was für einen Herbst fahrt ihr denn? Bei 26 bis 30 Grad???
Wir, in der alten Heimat, leben noch im Sommer bei etwa 10-14 Grad, nachts doch auch mal 5.
Das schöne Wetter bräuchte dringend mal einen Inukshuk, damit es auch mal wieder zu uns findet....
Gudrun (Donnerstag, 19 September 2024 20:38)
Ich freu mich für euch!
Nach anstrengenden Kilometern, Städten und Eindrücken - eeennndddlich Chillen. Und schon wieder am Meer? Ach nö.
Jetzt musste ich doch mal Google Maps befragen und habe gesehen, dass ihr schon fast den ganzen Kontinent durchquert habt - aber doch nur an einem See gelandet seid. Hihihi.
Und bevor ihr auswandert: guten Kaffee gibt es in Europa auch...
Gudrun (Donnerstag, 19 September 2024 20:39)
PS: Claudia, deine Wasseraufnahmen sind spitzenklasse! Knorke!
Schon wieder ich (Freitag, 20 September 2024 19:55)
Où sont les expériences? Et les Photos?
anna (Freitag, 20 September 2024 20:37)
Wie schon zuletzt sind Gudruns Kommentare ein weiteres Highlight dieses Blogs!
Gudrun (Samstag, 21 September 2024 09:07)
Ihr Wandermäuse,
gut zu lesen, dass ihr alle Gefahren so mutig bewältigt - bedrohliche Tiere, tiefe Schluchten, unbekannte Wildnis, schlechte Tage, deutsche Touristen (I have a dream...) - und am Ende bleibt der Blick für das Schöne, eingefangen in herrlichen Fotos. Merci beaucoup.
Und bringt bitte so ein Hörnchen mit. Die sind echt allerliebst.
Gudrun (Sonntag, 22 September 2024)
Uiuiuiuiui. Nun mache ich mir doch Sorgen, wenn ich die vielen Felle sehe. Seid ihr inzwischen schon etwas verwildert? Hat Manni mit dem Bären-Fight ernst gemacht???
Bitte bringt mir KEIN Hörnchen mit.
(J'ai beaucoup des croissants - ehrlich)
Olli (Dienstag, 24 September 2024 09:25)
Ich will auch mal liebe Grüße da lassen. Freu mich schon, wenn ihr uns bald besuchen kommt. Das wird bestimmt genauso spektakulär, wie die aktuelle Reise :-)
Die Gudrun (Donnerstag, 26 September 2024 07:31)
Wow, ihr Lieben,
so unterschiedliche Eindrücke und Erlebnisse. Und eure Reise neigt sich dem Ende zu. Ich habe so viel Spannendes gelesen über Freundlichkeit, Menschen aus aller Welt, wilde Natur, bunte Kultur, viele Drogen.
Was bleibt als Fazit? Kanada gehört den Hörnchen.
Freu mich, wenn ihr wieder da seid.